Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich um ein sehr kompliziertes Gebiet. Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor. Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Hier zeigt sich, warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss. Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Anders ist es allerdings, wenn der Tierarzt seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist. Die fehlende Dokumentation spricht dann gegen den Tierarzt und kehrt die Beweislast um. Der Tierarzt muss nun seinerseits beweisen, dass der Schaden auch bei einer fehlerfreien Behandlung eingetreten wäre. Die Höhe des jeweiligen Schadensersatzes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. In der Regel senden die eingeschalteten Tierärztekammern den Patientenbesitzern die Stellungnahme der Tierärzte zu. Da diese Stellungnahme zur Prüfung möglicher Schadenersatzansprüche gegen die Tierärztin wichtig sein könnte, sollten Sie die Kammer auffordern, Ihnen die Stellungnahme/n der Tierärztin innerhalb von 14 Tagen in Kopie gegen Erstattung der Kosten zuzusenden und sich auf §§ 810, 811, 242 BGB berufen. Zudem könnten Sie auch die Tierärztin auf Grundlager dieser Normen auffordern, Ihnen die gesamte Behandlungsakte in Kopie (ebenfalls gegen Erstattung der Kosten) zu übersenden, sofern dies nicht bereits geschehen ist. Aus Ihrer Schilderung lässt sich herauslesen, dass sie ihr offenbar eine vorsätzliche Tierquälerei vorwerfen. Auch wenn Ihre Verärgerung nachvollziehbar ist, sollten Sie jedoch zur Sicherheit vorsichtig bei Formulierung Ihres Ärgers und Ihrer Vermutungen sein, um keinen Anlass zu einer Abmahnung bzw. einer Strafanzeige zu geben. Ihre grundrechtlich geschützte Meinung, Vermutung, Rückschlüsse etc. dürfen Sie natürlich – im zulässigen Rahmen – äußern, müssen dies aber eben als solches kennzeichnen, um keine falschen Tatsachen zu behaupten. Um zu prüfen, welche konkreten Ansprüche Sie haben, in welcher Höhe und welche weiteren Schritte (zivilrechtlich und oder strafrechtlich) möglich und sinnvoll wären, müsste der gesamte Sachverhalt und die vorhandenen Dokumente eingesehen und geprüft werden. Wenden Sie sich bei weiterem Beratungsbedarf an einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Tierrecht.