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Eventuell zukünftig hohe Behandlungskosten/Anfechtung des Kaufvertrags

von Florian S.

Hallo, am 22.01.21 habe mit einer Frau telefoniert, die noch einen weiblichen Hundewelpen hatte, weil die eigentlichen Käufer sie wegen des Zahnes nicht wollten. Am Telefon sagte sie, sie seien bei einer Tierzahnklinik gewesen und man soll versuchen den Zahn durch mehrmaliges minutenlanges drücken am Tag nach aussen zu drücken. Am 10.02.21 hätten sie aber schon einen weiteren Kontrolltermin bei der Zahnklinik, den ich dann auch wahrnehmen könnte. Ich habe gefragt ob die Elterntiere auf typische Krankheiten der Rasse getestet wurden aber sie verneinte und sagte beide seien „gesund“. Der Vater des Welpen sei der Hund von Bekannten, aus dem Nachbarort. Am folgenden Tag am 23.01.21 fuhren mein Vater und ich zu der Verkäuferin . Der Welpe kam mit der Familie und dem Muttertier aus der Wohnung, war neugierig und sah gesund aus. Der ältere Herr hat uns den Welpen, den Zahn sowie das nach aussendrücken des Zahnes gezeigt. Auch eine Rechnung bezüglich der besuchten Zahnklinik hat er uns gezeigt. Im oberen Zahnfleisch war auch deutlich die Stelle zu sehen, auf welche der nachinnen gewachsene Zahn trifft. Im Gespräch habe ich aus Interesse gefragt, wie aufwändig so ein Wurf ist. (Ich habe nicht vor Hunde zu züchten, und die Hündinn wurde auch nicht aus diesem Grund gekauft.) Die junge Frau mit der ich auch telefoniert hatte, sagte bezüglich der Hündinn nur sie sollte 1½ -2 Jahre alt sein für den Wurf. Als der ältere Herr dann mit mir den Kaufvertrag durchgegangen ist sagte er das mit dem verkürzten Unterkiefer aber Hauptthema war das nach aussendrücken des Milchzahnes, welches er insgesamt 5 Mal erklärt hat. Und wegen des Zahnes sei der Preis nun 1.200 anstatt 1.400. Wir durften die kleine Hündinn wie telefonisch abgesprochen mit einem kleinen Versorgungspaket nachdem ich den Kaufpreis bar überreicht hatte gleich mitnehmen. Als die kleine mal auf dem Rücken geschlafen hat, konnte ich nun deutlich den verkürzten Unterkiefer sehen. Gestern habe ich sie beim Tierarzt vorgestellt und der meinte der Preisnachlass von 200€ wäre nicht annähernd gerechtfertigt. Behandlungskosten damit der folgende Zahn richtig wächst wären 800€ oder mehr! Und der verkürzte Unterkiefer wäre sicherlich von den Elterntiere beeinflusst gewesen! Ich habe am 09.02.21 schon einen Kontrolltermin bei einem auf Zähne spezialisiertem Tierarzt. Mein Vater hatte das mit dem verkürzten Unterkiefer erst daheim mitbekommen als er selber den Kaufvertrag durchgelesen hat. Er meinte sie hätten uns über den Tisch gezogen und sind sicher froh den Hund losbekommen zu haben. Dies war laut Angabe der jungen Frau der erste Wurf des Muttertieres. Ihre andere Hündin hatte auch schon einen Wurf. Aber da sie das mit dem verkürzten Unterkiefer wusste, habe ich mich gewundert warum sie mir nicht gleich gesagt hat, dass man mit dieser Hündinn später keine Hunde züchten sollte! Die kleine hat sich dem Alter entsprechend gut eingelebt und unser Ersthund kommt auch dem Alter entsprechend mit ihr zurrecht. Ich möchte nun nicht unnötig einen Streit starten. Die kleine zurückgeben möchte ich nicht, welche Möglichkeiten habe ich nun? Muss der Verkäufer mir die Rechnung von seinem Besuch der Tierzahnklinik aushändigen? Habe ich das Recht diesen Kaufvertrag oder den Verkaufspreis anzufechten? Auf der Ausführung des Verkäufers hat er meine Daten eingetragen und ich habe ihn unterschrieben. Ob dort mehr Dinge angekreuzt sind als bei meiner Ausführung weiß ich nicht mehr. Oder gilt, Vertrag mit der Besonderheit des verkürzten Unterkiefers unterschrieben und somit „mein Problem“? Muss sich der Verkäufer an eventuell auftretenden Behandlungskosten wegen des Kiefers beteiligen? Falls ich den Vertrag anfechten könnte, wären wir aufgrund der Personenzahl im Nachteil, mein Vater und ich gegen den älteren Herr, die junge Dame und ein junger Mann auf Seiten der Verkäufer?  

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

In Ihrem Fall ist fraglich, ob Sie hinsichtlich der Zähne/des Kiefers Gewährleistungsansprüche haben, da Sie hierüber von Anfang informiert wurden, dies in den Kaufvertrag aufgenommen wurde und Sie im Gegenzug einen reduzierten Kaufpreis gezahlt haben.
In § 442 Absatz 1 BGB ist für diesen Fall folgendes geregelt:
„Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt.
Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.“
Ausgehend von einem Endurteil des Landgericht Verden aus dem Jahre 2011, das sich zwar mit einem verkauften Rüden mit Hodenhochstand beschäftigen musste aber zugunsten der Käuferin den § 442 BGB nicht angenommen hat, ist auch in Ihrem Fall zu prüfen, ob -trotz all der oben genannten Tatsachen- der § 442 BGB hier nicht anwendbar ist.
Zusätzlich ist die Höhe der Kaufpreisreduzierung zu prüfen. Da Sie schreiben, dass die reduzierten 200,- EUR die erforderlichen Tierarztkosten nicht im Geringsten aufwiegen und Sie bzw. Ihr Vater „sich über den Tisch gezogen“, mit anderen Worten sich betrogen oder arglistig getäuscht fühlen, könnte anhand der Einzelheiten geprüft werden, ob sie hinsichtlich der Tierarztkosten getäuscht wurden und aufgrund dessen „nur“ 200,- EUR weniger gezahlt haben.
Lassen Sie sich am besten die Aussage Ihres Tierarztes, dass die Behandlung „mindestens 800,- EUR und mehr“ kosten wird, hierfür schriftlich bestätigen. Lassen Sie sich auch von dem Zahnspezialisten die voraussichtlichen Kosten, die erforderlichen Behandlungen sowie vor allem die Auswirkungen des verkürzten Unterkiefers schriftlich bescheinigen.
Da im Rahmen dieses Service keine Unterlagen eingesehen werden, wenden Sie sich bei weiterem Beratungsbedarf dann mit dem Kaufvertrag und allen medizinischen Unterlagen an einen Anwalt oder eine Anwältin für Tierrecht.
 

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