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Zurückbehaltungsrecht / Herausgabe nach Betreuung/Pension

von Heike K.

Sehr geehrte Frau Fries, ich versuche die lange Geschichte in Kurzform zupacken. Ich erledige für versch. Vereine Vor- und Nachkontrollen. So kam eine Frau S. im Juli 2021 zu ihren Hund Filou. Frau S. hatte zur Vorkontrolle ein augenscheinlich stabiles Netzwerk für den Fall dessen. Frau S. war zum Zeitpunkt der Vorkontrolle schon 82 Jahre aber sehr fit. Im Juni 2022 machte ich die Nachkontrolle. Da es mit der Betreuung von Filou wohl nicht mehr passte, bot ich an wenn mal was sein sollte das Filou immer zu mir kann. Frau S. wusste das ich immer mal wieder Hunde bei mir betreue und das dies ein Nebenerwerb von mir ist. Ich hatte bis vor 5 Jahren eine eigene private Hundebetreuung, die ich aber aus gesundheitlichen Gründen schließen musste. Es wurde von Frau S. gewünscht das ich als 1. Betreuerin von Filou eingetragen werde für den fall dessen, was bisher 2 Damen des Vereins waren die Filou vermittelt hatten. Diese Verfügung wurde mir am 17.06. vom Verein schriftlich mitgeteilt da das Ganze noch vom Notar beglaubigt werden sollte. Nun zum Kernproblem: Frau S. musste am 19.06.notfallmässig ins Krankenhaus. Filou kam zu 2 Damen die sich bei der VK als Betreuerinnen vorstellten aber später dann den Hund nicht mehr betreuen wollten. Dort blieb Filou bis zum 27.06.. Da rief mich der Verein an, das Filou bei den Damen unbedingt abgeholt werden soll und ich ihn zu mir hole. Seitdem 27.06. ist Filou nun bei mir. Es wurden durch einen Anwalt immer wieder Versuche gestartet das ich den Hund heraus gebe an verschiedene Optionen, entweder an die 2 Damen zurück, dann an die Damen vom Verein mit Sitz in Hannover und München, dann in eine Hundepension etc.. Ich hatte aber in einem Telefonat mit der Besitzerin am 29.06. besprochen und es ihr versprochen das Filou bei mir bleibt und ich nur ihr den Hund zurück geben solle wenn sie ihren schweren Herz OP überlebt. Sie hinterließ mir am gleichen Tag noch auf meiner Mailbox die Zusage das sie für die Kosten von Filou aufkommt. Im darauffolgenden Anruf bestätigte sie mir dies nochmal. Nun soll ich Filou an seine Besitzerin am 03.08. herausgeben. Ich habe daraufhin gewiesen das ich den Hund grundsätzlich an seine Besitzerin herausgebe, aber hat wenn sie meine Leistungen im Bezug auf ihren Hund bezahlt wie besprochen. Habe ich ein Zurückbehaltungsrecht bis die Rechnung bezahlt ist? Filou ist ein 8 jähriger Dackelmix aus Rumänien, der von dem Verein als 3 Jährig vermittelt wurde. Filou war in einem nicht guten Zustand und bedurfter ärztlicher Versorgung und mit Hintergrund einer übelriechenden Analbeutelentzündung auch einen Friseurtermin, Mir wurde mitgeteilt der Hund hätte Leberprobleme und er hat eine schwere Deformation an beiden Vorderbeinen. Er litt immer wieder unter Magen Darm Problemen, die er gern in der Wohnung nachts auf Teppichen platzierte. Sprich der Pflegeaufwand war erhöhter als bei meinen eigenen Hunden. Mir geht es um die Frage nach dem Zurückbehaltungsrecht. Der Hund ist seit fast 6 Wochen bei mir und ist inzwischen körperlich wieder gut aufgestellt. Am Anfang konnte er keine 500m laufen, inzwischen sind es sogar schon 3-4 km. Er leidet hier nicht unter der Trennung von seinem Frauchen und er wird unter allen tierschutzrechtlichen Aspekten bei mir versorgt. Ich will mir den Hund nicht aneignen oder diesen unterschlagen. das habe ich auch mehrfach der Anwältin und dem verein sogar dem Veterinär Amt gegenüber erklärt. Denn eine Mitarbeiterin des Veterinäramtes wird zur Übergabe anwesend sein, freiwillig hat sie sich dazu bereit erklärt .Also nichts offizielles Vielleicht können sie mir einen Auskunft dazu geben. Ich bedanke mich schonmal herzlich für Ihre Rückmeldung. Heike 

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Ich hoffe, Sie konnten die Angelegenheit zwischenzeitlich gütlich beenden.
 
Zu Ihre Frage nach dem Zurückbehaltungsrecht (gemäß § 273 BGB) zunächst grundsätzliche Informationen vorweg.
Da sich diese Frage in der Praxis häufig bei Tierärzten und Tierkliniken ergibt, gibt es hierzu verschiedene Urteile. Das Amtsgericht Duisburg (Az. 77 C 1709/08) hat im Juli 2008 entschieden, dass dem Tierarzt kein Zurückbehaltungsrecht zustehe, da sich aus § 1 des Tierschutzgesetzes ergibt, dass Tiere als Mitgeschöpfe und nicht wie leblose Sachen zu behandeln sind. Es sei anerkannt, dass Hunde auf ihre Halter fixiert seien und es nicht vorhersehbar sei, ob der Hund durch die Trennung des Halters seelische Schäden davontrage. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Honoraranspruches aus einem Tierbehandlungsvertrages bestehe daher nicht. Selbst das unterzeichnete Anerkenntnis eines Zurückbehaltungsrecht stünde dem nicht entgegen, so hat jedenfalls das Landgericht Köln im Jahre 2011 (Az. 9 S 75/10) entschieden, da dies wegen der Drohung mit einem empfindlichen Übel angefochten werden könnte.
Allerdings gibt es auch gegenteilige Urteile, die sehr wohl ein Zurückbehaltungsrecht des Tierarztes annehmen. So gab z.B. das Landgericht Mainz im Jahre 2002 (Az.  6 S 4/02) der Tierklinik Recht und der klagende Züchter konnte seinen Zuchtrüden erst nach vollständiger Begleichung der Kosten abholen. Da in damaligen konkreten Fall keine Notsituation für den Hund vorlag, entschied das Gericht gegen den Züchter, da er zunächst über die Kosten aufgeklärt worden war und danach unterschrieben hatte, dass das fällige tierärztliche Honorar beim Abholen entrichtet werden müsse.
 
Dass Sie einen Zahlungsanspruch gegen die Besitzerin haben, ist dank der Nachricht auf Ihrer Mailbox  nachweisbar, jedenfalls für die entstandenen Futter- und Tierarztkosten. Ob Sie auch die Pflege an sich abrechnen können und zu welchem Stundensatz hängt davon ab, ob dies explizit zwischen Ihnen besprochen wurde und ob sich dies auch aus der Nachricht auf Ihrer Mailbox ergibt. Da Sie schreiben, dass der Hund nicht unter der Trennung von der Besitzerin leidet und er sich bei Ihnen wohl fühlt, sollten Sie sich auf das Urteil des Landgerichts Mainz und auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen.
 
Sollte die Übergabe bisher nicht stattgefunden haben und sollte weiterer Beratungsbedarf bestehen, wenden Sie sich an einen Anwalt oder Anwältin für Tierrecht. Dann müsste auch der gesamte Sachverhalt und alle vorhandenen Dokumente eingesehen werden, da es z.B. unüblich ist, dass es eine notarielle Beurkundung geben soll und auch, dass eine Amtsveterinärin inoffiziell beteiligt ist, usw.
 

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