Antwort von Tierarzt Marcus Lewitschek
Sehr geehrte Frau M.
Wie sich Ihr Hund von der Psyche und vom Verhalten anderen Rüden gegenüber entwickeln wird, ist nicht vorhersagbar. Viele Hund sind auch unkastriert anderen Rüden gegenüber sehr entspannt und Andere wiederrum werden aggressiv, sobald sie nur in die Nähe eines anderen Rüden kommen. Vor allem bei dem Verhalten anderen Rüden gegenüber ist hier zu unterscheiden, ob es sich um ein erlerntes oder um ein hormonell bedingtes Verhaltensproblem handelt. Wenn das Dominanzverhalten eines Hundes erlernt ist, wird eine Kastration dies nicht abstellen. In einem solchen Fall ist dann die Hundeschule gefragt. Und ob Ihr Hund unter läufigen Hündinnen leiden wird oder nicht kann man ebenfalls nicht sagen. Allerdings werden Sie es vermutlich bei der nächsten „Läufigkeitswelle“ der Hündinnen schnell feststellen. Wenn Ihr Hund unter diesem Zustand leidet, macht eine Kastration sicher Sinn. Allerdings, wenn Sie Ihren Rüden mal für einen Wurf einsetzen wollen, ist eine Kastration sicher indiskutabel. Eigentlich sollte auch die Tatsache, ob ein Rüde eine Hündin mal gedeckt hat oder nicht keine Entscheidung auf sein Sexualverhalten habe. Wenn man ausprobieren wollte, wie eine Kastration sich auf das Verhalten anderen Rüden gegenüber auswirkt, kann man mittels einer hormonellen Kastration per Spritze diesen Zustand simulieren. Je nachdem, wie sich der Hund im Anschluss an eine solche Spritze verhält, wissen Sie, wie er sich nach einer Kastration verhalten wird. Die Spritze verliert Ihre Wirkung dann je nach Präparat nach einigen Wochen wieder. Auch was eine evtl. Wesensveränderung angeht, kann man so versuchen abzuschätzen, was nach einer Operation sein wird. Normalerweise verändern sich die Hunde nach einer Kastration vom Wesen her nicht. Allerdings tendieren auch die Rüden nach einer Kastration bei gleicher Futtermenge zu einer Gewichtszunahme, und das kann dann letztlich auch die Agilität Ihres Hundes deutlich reduzieren. So erscheint er dann doch wesensverändert. Die Gewichtszunahme, evtl. Wesens oder Fellveränderungen und Inkontinenz wären die eigentlichen Nachteile einer Operation, wobei Inkontinenz und Fellveränderungen beim Rüden extremst selten sind. Die Vorteile liegen je nachdem, was man mit der Kastration bezweckt, in den Auswirkungen auf das Verhalten, der Zeugungsunfähigkeit und der deutlich reduzierten Gefahr von Prostataerkrankungen, da diese sich nach einer Kastration fast vollständig zurückbildet.
Wenn Sie sich nicht wirklich sicher sind und unter der Voraussetzung, dass Ihr Hund gesund ist, also keine Erkrankungen des Geschlechtsorgane (Hoden, Prostata usw.) hat, dann beobachten Sie die Situation anderen Rüden und läufigen Hündinnen gegenüber doch erst mal und schauen Sie, wie sich Ihr Hund verhält. Vieleicht ist eine Kastration gar nicht erforderlich. Wenn es doch nötig sein sollte, wird ihrem Hund kein Nachteil entstehen, wenn man ihn später kastriert. Es ist immer enttäuschend, wenn man etwas Besonderes mit einer Kastration bezweckt und das gewünschte dann nicht eintritt oder wenn man im nachhinein seine Entscheidung in Frage stellt.
Mit freundlichen Grüßen, M.Lewitschek