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Vorbesitzer hat Ausmaß von Vernachlässigung verschwiegen; Schutzgebühr zurück?

von Andrea G.

Liebe Frau Fries, vor zwei Monaten habe ich zwei ältere Hunde (10 und 11) privat von einer Frau gekauft, die sich zeitlich nicht mehr kümmern konnte. Sie gab an, dass die Tiere geimpft seien, allerdings handelt es sich dabei nur um die Erstimpfung als Welpen (Impfausweis nicht vorhanden). Da mir die Tiere "komisch" vorkamen (kratzten und leckten sich sehr viel; kauten ihr Essen nicht, sondern schlangen es hinunter; Berührungsvermeidung am Kopf), bin ich zwei Tage nach dem Kauf zum Tierarzt gegangen. Dieser stellte fest, dass beide Hunde (aufgrund der Hautbeschaffenheit wohl schon länger) mit Parasiten befallen waren. Ein Hund hat laut Vorbesitzerin eine "Beule" am Kopf, was sich als Tumor herausstellte. Zudem hatten beide Hunde vereiterte/verfaulte Zähne. Den Hunden mussten 6 bzw. 10 Zähne gezogen werden. Einer der Hunde hat laut Vorbesitzerin "eine große Zunge", weshalb sie vorne heraushängt; die Tierärztin sagte mir, dass das aber daher käme, dass dem Hund bereits Zähne fehlten, was man mir verschwiegen hatte. Ich konfrontierte die Vorbesitzerin damit, die daraufhin meinte, dass sie von alledem nichts wusste (selbst dem Tierarzt sei das nicht aufgefallen). Sie habe mir ja gesagt, dass ein Hund Zahnsteinprobleme habe und sie sich bei beiden nicht mehr darum gekümmert habe. Das Nichtkümmern muss aber über mehrere Jahre erfolgt sein. Die Tierärztin hat Fotos vom Zustand der Gebisse gemacht, während sie in Narkose lagen. Man kann meiner Meinung nach insgesamt von einer Verwahrlosung sprechen bzw. wurde für die Pflege und Gesundheit nicht Sorge getragen. Wir haben einen Schutzvertrag unterschrieben, in dem neben der Angaben von persönlichen Daten darauf hingewiesen wird, dass die Schutzgebühr (ich habe 250 Euro bezahlt)nicht zurückverlangt werden könne. Die Arztrechnungen belaufen sich nun auf über 1000 Euro. Ich schrieb die Vorbesitzerin wegen dieser Dinge an, sie meinte sie wisse von alledem nichts bzw. habe sie ja gesagt, dass sie den Zahnstein nicht mehr habe wegmachen lassen. Ich bat sie anstandshalber mir bei der Schutzgebühr entgegenzukommen, was sie aber aus finanziellen Gründen nicht könne. Habe ich rechtlich eine Handhabe, zumindest die Schutzgebühr zurück zu bekommen, wenn ich beweisen kann (Fotos und Aussagen der Tierärztin), dass die Vorbesitzerin gegen §8 (2)1 der Tierschutzhundeverordnung verstoßen hat? Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen. Herzliche Grüße!

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Wie Sie richtig schreiben, liegt wohl ein Verstoß gegen die Tierschutz-Hundeverordnung vor. Jedoch sind hier zwei verschiedene rechtliche Bereiche tangiert, die nichts miteinander zu tun haben. Zunächst zum Verwaltungsrecht und der Tierschutzhundeverordnung in Verbindung mit dem Tierschutzgesetz. Mit diesen beiden Rechtsnormen wird der zuständigen Behörde (Ordnungsamt und/oder Veterinäramt) die Möglichkeit gegeben, die gesetzlichen Anforderungen einer ordnungsgemäßen und artgerechten Tierhaltung zu überwachen, durch Auflagen etc. zu gewährleisten und Verstöße zu sanktionieren. In Ihrem geschilderten Fall, könnte sogar eine Strafbarkeit der Voreigentümerin gemäß §§ 1,2, 17 Tierschutzgesetz in Frage kommen, je nach den Einzelheiten. Völlig unabhängig hiervon sind Ihre zivilrechtlichen Ansprüche aus dem Kaufvertrag. Ist ein verkaufter Hund krank also “mangelhaft“ im Sinne des BGB, hat der Käufer verschiedene Rechte. Unter Umständen kann er den Hund u.a. zurückgeben, den Kaufpreis mindern und/oder Schadensersatzansprüche geltend machen. Unabhängig von der Höhe der Forderung, muss der Verkäufer - außer in akuten Notfällen - VOR einer Behandlung zunächst zur Nachbesserung innerhalb einer angemessenen Frist aufgefordert werden, es sei denn eine Nachbesserung ist ausgeschlossen. Anders als für einen Schadensersatzanspruch, der eine Pflichtverletzung und ein Verschulden des Verkäufers voraussetzt, braucht es diese beiden Voraussetzungen bei der Kaufpreisminderung nicht. In Ihrem konkreten Fall müsste zur Prüfung Ihrer Ansprüche zunächst der Kaufvertrag vorliegen und eingesehen werden. Zu prüfen ist auch, ob es Anzeichen und mögliche Nachweise für eine arglistige Täuschung durch die Verkäuferin gibt, woraus sich ein Schadensersatzanspruch ergeben könnte. Allerdings muss in diesem Zusammenhang auch berücksichtigt werden, dass es sich schon um ältere Hunde handelte und -nach der Beschreibung deren Gesundheitszustände zu folgern- ob die Folgen der Vernachlässigung nicht schon vor Unterzeichnung des Kaufvertrages objektiv sichtbar waren bzw. sich aufgedrängt haben. Wichtig zu wissen wäre auch, ob die Verkäuferin Sie auf die „Vernachlässigung“ und die Beule vor oder erst nach der Kaufvertragsunterzeichnung hingewiesen hat. Ich nehme an, dass Sie die Hunde behalten möchten, so dass ein Rücktritt vom Vertrag ausscheidet. Ob Ihnen eine Minderung des Kaufpreises und gegebenenfalls zusätzlich ein Schadenersatzanspruch zusteht, sollten Sie bei weiterem Bedarf anhand des Kaufvertrages anwaltlich prüfen lassen.

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