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Zwingerhaltung

von A V.

Sehr geehrte Frau Fries, ich habe erfahren, dass ein Hund aus meiner Zucht bei seinem Besitzer, wenn dieser zur Arbeit (Teilzeit) geht oder sonst nicht zu Hause ist, nun zusammen mit sieben weiteren Hunden (bis 50 cm Wideristhöhe, darunter vier sehr kleine Hunde - aber angeblich keine Welpen) in einer Art Zwinger (selbst gebautes Holzhäuschen mit Gittertür, kein weiteres Fenster, künstliches Licht und Heizung vorhanden - 15 qm) untergebracht wird. Zu allen anderen Zeiten könnten sich die Hunde im Garten frei bewegen und bekämen ihren Spaziergang. Eine Unterbringung im Zwinger in der Nacht verneint der Besitzer, sie seien nachts bei ihm im Haus! Mir gefiel die Haltung bei dem Besitzer insgesamt nicht sehr, aber umschreiben wir es mal diplomatisch: Mein Umgang mit meinem eigenen Hund ist liebe- und respektvoller und er muss sich sein Futter nicht selbst verdienen. Bislang - soweit mir bekannt - hielt sich aber alles im Rahmen. Der Punkt ist nun aber, dass ich die Zwingerhaltung für diesen Hund (Rasse ohne Unterwolle) aus meiner kleinen Zucht vertraglich ausgeschlossen habe; den Vertrag hatte der Besitzer auch gegengezeichnet. Außerdem haben meine Recherchen ergeben, dass die Größe eines Zwingers für acht Hunde 27qm (6qm für einen Hund + 3qm für jeden weiteren Hund) betragen muss. Ich würde deshalb gerne wissen: 1. Was versteht der Gesetzgeber unter Zwingerhaltung? Handelt es sich - laut Gesetz - bei stundenweiser Unterbringung über Tag bereits um Zwingerhaltung und müssen auch hier die Vorgaben zur Größe eingehalten werden? 2. Ist mein Ausschluss der Zwingerhaltung im Kaufvertrag - kein reiner Schutzvertrag - überhaupt rechtsgültig? Und könnte ich den Hund wegen Vertragsbruch zurückfordern? 3. Wäre es sinnvoller - zumal ich keine konkreten Beweise habe - die Haltung überprüfen zu lassen? Aber, wo und vor allem, wie könnte ich das veranlassen, so dass auch die tatsächlichen Verhältnisse abgebildet werden und nicht ein Teil der sonst ebenfalls im Zwinger untergebrachten Hunde vielleicht gar nicht da ist, wenn eine Kontrolle angekündigt würde? Ich möchte den Hund (4,5 Jahre) nicht um jeden Preis aus seinem Hunde-Rudel klagen (müssen), aber er muss vernünftig gehalten werden. Die Hunde scheinen (!) nicht verwahrlost oder verängstigt, wobei bei einem anderen größeren Hund (ca. 2 Jahre) Liegeschwielen zu erkennen sind, was aber ja nicht unbedingt auf die Zwingerunterbringung zurückzuführen sein muss. Bei Abgabe des Welpen war mir der Besitzer durchaus auch sympathisch, wobei die damaligen Voraussetzungen andere waren, zumindest mir gegenüber. Aber ich mache mir Sorgen um die Hunde, weil ich auch nicht weiß, was noch kommt. Und ich habe die Zwingerhaltung eben vertraglich ausgeschlossen, weil ich das für die Rasse und für einen Hund aus meiner Zucht nicht wollte und nicht will. Kontakt zum Besitzer besteht, aber er sieht keinen Grund zur Aufregung, wisse, was im Vertrag steht. Für ihn seien die Hunde sicherer im Zwinger als im Haus, wenn er arbeiten geht. Dem Hund sei es egal, wo er alleine ist und es sei positiv trainiert worden. (...leider geht der Besitzer auch arbeiten, wenn Welpen da sind. Die Welpen (nicht VDH) seien im Welpengehege im Haus, Minderjährige würden bei der Aufzucht/Versorgung der Welpen helfen.) Leider habe ich keine konkreten Beweise, teilweise die Aussagen aber in "social medias" gespeichert. Ich danke Ihnen für Ihre Antwort und eine Einschätzung, was Sie mir raten würden, was ich tun kann und - zum Wohle des Hundes - tun sollte. Ich möchte noch hinzufügen, dass ich weiß, dass es ganz vielen Hunden sehr viel schlechter geht und ihn schlimmes angetan wird. Und trotzdem sorge ich mich um "meinen" Hund und sein Rudel auch sehr, weil ich ihm auf die Welt geholfen und versprochen habe, dass es ihm immer gut gehen wird. Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Ich kann Ihr Sorgen und Ihre Bemühungen aus der Verantwortung für Ihre ehemaligen Schützlinge, menschlich gut nachvollziehen. Gut ist, dass Sie die Einzelheiten objektiv betrachten und den nötigen Abstand bei der Einschätzung wahren.
Hier sind zwei verschiedenen Rechtsbereiche zu trennen, zum einen der zivilrechtliche Teil, der sich aus dem Kaufvertrag ergibt und den verwaltungsrechtlichen Teil der sich aus dem Tierschutzgesetz und der Tierschutz-Hundeverordnung (hier § 6) ergibt.
Da Sie mit dem Käufer einen Kaufvertrag geschlossen haben (und wahrscheinlich den gesamten Kaufpreis erhalten haben) sind der Hund und das Eigentum an ihm auf den Käufer übergegangen.
Dieser ist zivilrechtlich an die vertraglichen Vereinbarungen mit Ihnen gebunden (soweit diese wirksam sind) und hat gemäß § 903 in Verbindung mit § 90 a BGB die folgenden Befugnisse eines Eigentümers:
„Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.“
Unabhängig vom Zivilrecht, das durch den Kaufvertrag die Rechtsbeziehung zwischen Ihnen beiden regelt, gilt für den Käufer als Halter selbstverständlich das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Hundeverordnung, die er einhalten muss um den Hund artgerecht zu halten. Da diese ohnehin gelten, müsste dies z.B. nicht ausdrücklich in einem Kaufvertrag geregelt werden. Den für Ihren Fall einschlägigen § 6 der Tierschutz-Hundeverordnungen haben Sie ja bereits gefunden.
Ob eine Zwingerhaltung vorliegt und ob die Voraussetzungen des § 6 TierSchHuV eingehalten werden, prüft und entscheidet das zuständige Veterinäramt. Das VG Aachen hat in einem Fall zur Anbindehaltung (§7 TierSchHuV) ausgesprochen, dass eine Anbindehaltung vorliegt, „wenn der Hund den überwiegenden Teil des Tages (also mehr als die Hälfte) angebunden verbringt.“, so das Gericht (VG Aachen, Beschluss vom 02.05.2013, 6 L 23/13). Dies wird auch für die Zwingerhaltung gelten. Das Veterinäramt wird nach einem entsprechenden Hinweis die Haltungsbedingungen vor Ort prüfen und dann gegebenenfalls die erforderlichen Auflagen erteilen, damit die Verstöße abgestellt werden und die Anforderungen des § 6 eingehalten werden. Ob diese Kontrollen vor Ort stattfindet und ob dies mit oder ohne Vorankündigung passiert, entscheidet das Amt selbst.
Um zu prüfen, ob Sie den Hund zurückholen können, müssten Sie ein vertraglich vereinbartes oder falls dies in Ihrem Vertrag fehlt, ein gesetzliches Rücktrittsrecht haben. Da hierfür der Kaufvertag vorliegen und geprüft werden muss, ist eine Einschätzung an dieser Stelle nicht möglich. So ist nämlich zum einen zu prüfen, ob überhaupt ein Rücktrittsrecht zu Ihren Gunsten vereinbart wurde, ob die Voraussetzungen nachweislich vorliegen und zum anderen die Frage nach einer (wirksamen) Vertragsstrafe, die Sie von dem Käufer bei einem Verstoß einfordern könnten. Wenden Sie sich daher mit Kaufvertrag und den gespeicherten „Social media-Aussagen“ bei weiterem Bedarf an einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Tierrecht und lassen die Erfolgsaussichten prüfen.
 
 

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