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Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Ich verstehe Ihre Verärgerung. In der Praxis kommt dieser Fall jedoch offenbar gar nicht so selten vor und das zurückgebliebene versprengte Eierstockgewebe muss dann in einer zweiten Operation entfernt werden, sofern überhaupt alles gefunden werden kann.
Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich generell um ein sehr kompliziertes Gebiet und insbesondere im Falle der unvollständigen Kastration kommt die zweite Schwierigkeit hinzu, nämlich der Frage, ob es sich bei der Kastration um einen Dienst- oder einen Werkvertrag handelt.
Zunächst zu den Problemen der Tierarzthaftung im Allgemeinen.
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor.
Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Hier zeigt sich warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Eine Einschätzung ob es sich in Ihrem Fall um einen schuldhaften Behandlungsfehler handelt, ist daher an dieser Stelle nicht möglich.
Zu der rechtlichen Frage Dienst- oder Werkvertrag gilt folgendes. Ausgehend von der Tatsache, dass zwischen dem Tierhalter und dem Tierarzt ein Dienstvertrag geschlossen wird, ergeben sich für beiden Seiten Recht und Pflichten. Wichtig für das Verständnis dieser Vertragsbeziehung ist die Tatsache, dass der Tierarzt in der Regel nur seinen Dienst, d.h. die reine Tätigkeit und gerade keine erfolgreiche Behandlung, schuldet, was zur Folge hat, dass der Tierarzt z.B. keine „Nachbesserung“ schuldet. Nur in ganz wenigen Ausnahmen ist die Tätigkeit als Werkvertrag zu qualifizieren, wie z.B. eine Ankaufuntersuchung eines Pferdes. Noch ist die überwiegende Meinung, dass die Kastration als Werkvertrag einzuordnen ist, jedoch ist dies umstritten und die Tendenz in der Rechtsprechung geht hin zum Dienstvertrag auch bei einer Kastration.
Da der Tierarzt schon signalisiert hat erst nach einem Anwaltsschreiben zu reagieren, könnten Sie sich mit allen vorhandenen Unterlagen (OP Bericht, Rechnung, Laborwerte etc,.) an einen Anwalt oder eine Anwältin für Tierrecht wenden, um die folgenden Rechtsfragen klären zu lassen: Haben Sie einen Anspruch auf Minderung der gezahlten Gebühr für die unvollständige Kastration, müssen Sie die nachfolgende OP bezahlen oder muss der Tierarzt dies im Wege der Nachbesserung auf seine Kosten vornehmen und haben Sie einen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Kosten für die Welpen, die schließlich als Folge der fehlerhalt ausgeführten Kastration erst entstanden sind.
Alternativ können Sie sich zunächst auch an die zuständige Tierärztekammer wenden, die zwar nicht verbindlich entscheiden kann, jedoch kann sie versuchen zwischen Ihnen und dem Tierarzt zu vermitteln um eine gütliche Lösung zu finden.