Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich um ein sehr kompliziertes Gebiet, daher ist hier nur ein genereller Überblick möglich.
Ein Behandlungs- und Aufklärungsfehler liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor. Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Hier zeigt sich warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss. Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.
Anders ist es allerdings, wenn der Tierarzt seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist. Die fehlende Dokumentation spricht dann gegen den Tierarzt und kehrt die Beweislast um. Der Tierarzt muss nun seinerseits beweisen, dass der Schaden auch bei einer fehlerfreien Behandlung eingetreten wäre. Die Höhe des jeweiligen Schadensersatzes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Ebenfalls zu einer Beweislastumkehr kommt es bei einem groben Behandlungsfehler des Tierarztes, z.B. bei einem Befunderhebungsfehler, so der BGH in seinem aktuellen Urteil vom 10.05.2016 – Az. VI ZR 247/15. Allerdings muss zunächst der „grobe Behandlungsfehler“ mittels eines Sachverständigen bestätigt werden.
Die Prüfung ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Sie einen Schadensersatzanspruch gegen den Tierarzt haben ist an dieser Stelle daher nicht möglich. Für die Beurteilung müssen sowohl die Rechnungen und da Sie schreiben, dass der Tierarzt sich schon schriftlich geäußert hat, auch der gesamte Schriftverkehr eingesehen werden. Dass er eine Abtreibungsspritze angeboten hätte und ob die Frage ob er dies beweisen kann, ist im Rahmen der Höhe des Schadensersatzes wichtig, da er damit auf Ihre so genannte „Schadensminderungspflicht“ abzielt. Bei weiterem Beratungsbedarf zu den Erfolgsaussichten und dem Kostenrisiko eines möglichen Prozesses wenden Sie sich an einen spezialisierten Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Tierrecht.
Zunächst könnten Sie sich auch an die zuständige Landestierärztekammer wenden, um doch noch eine gütliche Einigung mit dem Tierarzt erzielen zu können.