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Fundrecht Wellensittich

von Karin G.

Guten Tag, vor 6 Wochen brachte meine Katze einen verletzten Wellensittich. Ich ging zum Tierarzt (eine Kralle wurde amputiert), versorgte ihn mit Medizin und richtete ein eigenes Vogelzimmer ein. Parallel fing ich an, den Eigentümer zu suchen (Facebook, Meldung bei Tasso). Fundtiermeldung auf der Gemeinde. Diese war damit einverstanden, dass ich mich erst einmal um den Vogel kümmere. Ich solle aber bitte das Tierheim noch informieren. Das Tierheim forderte mich auf, das Tier zu bringen, da sonst Fundtierunterschlagung. Auch der Sachbearbeiter im Fundbüro, der zuvor damit einverstanden gewesen war, dass Vogel bei mir bleibt, forderte mich schließlich dazu auf, das Tier ins Tierheim zu bringen nach Telefonat mit Tierheim, es bestünde ein Vertrag und man könne so den Eigentümer besser finden. Ich habe auf meine Fundrechte nicht verzichtet. Da ich dem Vogel kein weiteres Herausreißen (er war zuvor vermutlich wochenlang draußen , hat mit den Spatzen gelebt) zumuten wollte, wollte ich die Station Tierheim wirklich gerne vermeiden. Da ich den Vogel wiederhaben wollte, habe ich kooperiert. Ich habe meine Finderpflichten (BGB) erfüllt, inklusive Auslieferung. Das Tierheim meinte, ich könne mich ganz normal als Interessent registrieren, wenn der Vogel zur Vermittlung stünde. Ich solle immer auf der Homepage schauen. Ich schrieb dann nach rd. 2 Wochen ein E-Mail und drückte aus, dass ich einen großen Raum, mein ansonsten tierfreies Büro, mit Freiflug und riesigen Käfig für den Welli einrichten würde und ihn mit neuen Freund(en) gerne einziehen lassen würde (ausgenommen der Eigentümer fände sich). Die Antwort war, der Eigentümer sei gefunden. Als ich meine Tierarztrechnung von diesem ersetzt haben wollte, stellte sich heraus, dass das Tierheim das nur so gesagt hatte. Man erklärte mir, man habe sich geirrt. Das Tier sei nun auf einer Pflegestelle, wo es angeblich für immer bleiben dürfe. Der Text ist stark gekürzt. Aber dies sind die wesentlichen Punkte. Ich darf den Vogel auf der Pflegestelle nicht sehen, nicht besuchen, nicht mit seiner Pflegerin sprechen (das schrieb man mir auf meine Nachfrage), die laut Tierheim die allerbeste Stelle für Wellis ist, die es gibt. Doch warum blockt man dann so ab? Gerne möchte ich dem auf den Grund gehen. Nach 1 Monat habe ich bei der Gemeinde die Herausgabe des "Fundstückes" schriftlich verlangt. Bisher kam keine Reaktion. Wenn der Eigentümer nicht gefunden wurde, würde der Welli theoretisch in 4,5 Monaten in mein "Eigentum" übergehen. Zur Sicherheit werde ich die Herausgabe zusätzlich und zeitnah auch direkt beim Tierheim fordern. Ich habe dem Welli versprochen, dass ich alles dafür tue, dass er das bestmögliche Leben bekommt. Er hat mich gerührt. Die "Auslieferung" im Tierheim hat sich wie "Verrat" angefühlt. Muss ich warten bis die 6 Monate ab Fundmeldung verstrichen sind oder kann ich schon früher die "Fundsache" zurückfordern (und wie dann auch bekommen)? Nach 6 Monaten müsste ich mir stark überlegen, ob ich sie (Mädchen-Welli) dann noch irgendwo herausreiße. Jedoch, wenn ich nicht mal erfahren, sehen darf, wo sie ist, wie es ihr geht (...). Jedenfalls danke ich im Voraus für die Mühe einer Beantwortung, vor allem, wie es dann funktioniert, dass man sein "Recht" auch durchsetzt. Ich denke bisher, es wird an öffentlicher Stelle einfach ausgesessen. K. G.

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Mit der gesetzlich vorgeschriebenen Fundanzeige bei der Gemeinde haben Sie alles richtig gemacht und die erste Aussage des Beamten, dass Sie den Vogel zu Hause verwahren dürfen ist richtig. Eine Ablieferungspflicht im Fundbüro bzw. einem Tierheim (das üblicherweise mit der Stadt/Gemeinde einen Vertrag hat und für jedes aufgenommene Fundtier Geld bekommt und daher wahrscheinlich ein großes Interesse an „Ihrem“ Vogel bestand) beinhaltet das Gesetz nicht. Als dies ergibt sich aus § 965 BGB.
Ganz im Gegenteil schreibt §§ 966 Absatz 1, 90a BGB sogar die Pflicht des Finders, der eine gefundene Sache oder ein Tier an sich nimmt, es zu verwahren gesetzlich vor. Die Information, dass Sie sich bei der Nichtabgabe des Vogels an das Tierheim einer Fundunterschlagung strafbar machten ist daher falsch und hat Sie letztlich dazu genötigt, den Wellensittich gegen Ihren eigentlichen Willen dort abzugeben.
Hier geht es nun um die Frage, ob Sie schon jetzt bzw. nach sechs Monaten einen Herausgabeanspruch gegen das Tierheim haben. Wichtig ist daher zu prüfen, was genau bei der Abgabe des Vogels besprochen/vereinbart wurde, da Dreh- und Angelpunkt ist, ob eine „Übereignung“/Abtretung Ihrer Finderrechte vorliegt oder ob Sie sie nur wie in eine Art Pflegestelle bis zum Ablauf der gesetzlichen Wartefrist von sechs Monaten in das Tierheim gegeben haben.
Da Sie schreiben, dass Sie „Ihre Finderrechte nicht abgetreten haben“ nehme ich an, dass Sie zwar nichts in dieser Art unterschrieben haben, zu prüfen ist aber, ob sich rechtlich durch die Übergabe an das Tierheim verbunden mit der „Information“ Sie dürften sich wie alle anderen auch um den Vogel bewerben, rechtlich nicht doch eine Abtretung stattgefunden hat. Hier käme dann aber die oben genannte Fehlinformation einer angeblichen Straftat in´s Spiel, aufgrund derer Sie diese unter Umständen Abtretung anfechten und die Herausgabe des Vogels fordern könnten. Da Sie dies jedoch beweisen können müssen, und Sie schreiben, dass die Schilderung gekürzt ist, müsste in einer ausführlichen Beratung die Rechtslage und Ihre Möglichkeiten geprüft werden.
Sollte der Verein sich weigern Ihnen den Vogel kurzfristig bzw. nach Ablauf der sechs Monate herauszugeben, müssten Sie den Verein notfalls auf Herausgabe vor dem Amtsgericht am Sitz des Tierheimes verklagen.
 

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