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Tierarzt Fehldiagnose oder Betrug

von Melanie H.

Hallo, Der Dreijährige Kater meiner Mutter hat in kurzer Zeit sehr viel Gewicht verloren. Daraufhin ließ sie ihn beim Tierarzt untersuchen. Zuerst wurde ein Blutbild gemacht und es hieß seine Nierenwerte sind sehr schlecht. Darauf folgte ein Ultraschall, auf dem angeblich zu sehen war, dass eine Niere kurz vorm absterben und nicht mehr zu retten war. Die andere Niere war angeblich unauffällig. Zusätzlich sollen noch Blasensteine gefunden worden sein, die schnellstmöglich operiert werden sollten. Damit die Operation stattfinden kann hat die Tierärztin ein erneutes Blutbild gemacht, um zu gucken, ob sich die Blutwerte gebessert haben, denn in dem Zustand könnte man nicht operieren. Bis dahin waren wir 700€ los, ohne dem Kater bisher geholfen zu haben. Nach dem zweiten Blutbild meinte die Tierärztin, dass die Werte sich gebessert haben und der Kater bald operiert werden kann. Dabei sollten die Steine und die kaputte Niere entfernt werden. Preislich läge es bei ungefähr 1000€. Aus finanziellen Gründen und da die Diagnose nicht zum Verhalten des Kater passte ,holte meine Mutter sich eine zweite Meinung bei einem anderen Tierarzt ein. Denn trotz das er große Schmerzen haben müsste, spielte und tobte er , fraß und trank normal, ging normal aufs Katzenklo und machte einen super Eindruck, bis auf seinen plötzlichen Gewichtsverlust. Nach Schilderung der ganzen Situation fiel der neue Tierarzt aus allen Wolken und sagte uns, dass er niemals eine Niere entfernen würde. Dies wäre ein lebensgefährlicher Eingriff und egal wie kaputt die Niere ist, sie hat immer noch eine Restfunktion. Die Op der Blasensteine inklusive Ultraschall und Futterbestimmung macht er für 400€ und konnte sich auch da schon nicht erklären, warum wir so viel Geld bezahlen mussten. Außerdem sollten die Steine bei einem Kater schnellstmöglich raus, am besten schon gestern. Der Termin bei der ersten Tierärztin wäre erst in einem Monat gewesen. Wir entschieden uns für den Termin beim zweiten Tierarzt, der schon zwei Tage später stattfand. Heute Nachmittag haben wir unseren Kater wieder abgeholt und dann kam der Schock. Beide Nieren sind vollkommen gesund. Uns wurden die Ultraschallbilder und Blutergebnisse genau gezeigt, im Gegensatz zur ersten Tierärztin. Außerdem wurde kein einziger Blasenstein im Ultraschall gefunden. Das einzige Auffällige war sein Zuckerwert im Blut. Dieser liegt bei über 300, was der Grund für seine Gewichtsabnahme war . Alle anderen Werte liegen im grünen Bereich. Nun fragen wir uns, ob tatsächlich nach mehreren Untersuchungen der ersten Ärztin, so viele Fehler unterlaufen können oder ob wir wissentlich angelogen worden sind um finanziell von uns zu profitieren. Da wir natürlich selber keine Ärzte sind und uns mit dem Thema nicht auskennen, können wir nichts einfach so unterstellen. Ich kann mir aber nur schwer vorstellen , wie sowas nach zwei Blutuntersuchungen nicht auffallen konnte. Wir würden uns über ihre Einschätzung unserer Situation und Aufklärung unserer Rechte sehr freuen. Vielen Dank und liebe Grüße

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries
Foto: © Ann-Kathrin Fries

Antwort von Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries

Bei der Frage nach der Tierarzthaftung handelt es sich um ein sehr kompliziertes Gebiet, auch wenn es hier nicht nachvollziehbar erscheint, wie diese falschen Diagnosen der Tierärztin zustande gekommen sind.
 
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können. Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor.
 
Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Hier zeigt sich, warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter die Pflichtverletzung beweisen können muss.
 
Ohne einen Sachverständigen sind diese Fragen in der Regel nicht zu beantworten. Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.
 
Anders ist es allerdings, wenn der Tierarzt seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist. Die fehlende Dokumentation spricht dann gegen den Tierarzt. Der Tierarzt muss nun seinerseits beweisen, dass der Schaden auch bei einer fehlerfreien Behandlung eingetreten wäre. Die Höhe des jeweiligen Schadensersatzes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
 
Ebenfalls zu einer Beweislastumkehr kommt es bei einem groben Behandlungsfehler des Tierarztes, z.B. bei einem Befunderhebungsfehler, so der BGH in seinem aktuellen Urteil vom 10.05.2016 – Az. VI ZR 247/15. Allerdings muss zunächst der „grobe Behandlungsfehler“ mittels eines Sachverständigen bestätigt werden.
 
Fordern Sie von der Tierärztin die Herausgabe der kompletten Karteikarte inklusive aller Unterlagen wie Befunde, Laborergebnisse, Ultraschallbilder, eine detaillierte Rechnung falls nicht vorhanden usw.
 
Fragen Sie den behandelnden Tierarzt oder einen unbeteiligten anderen Tierarzt aus einer anderen Stadt (in diesem Fall sollten Sie überlegen die Unterlagen zu anonymisieren), ob er Ihnen den Akteninhalt auswerten und ob er ein Fehlverhalten hieraus erkennen kann, z.B. ob die hohen Zuckerwerte in beiden Laborergebnissen zusehen waren und hätten ausgewertet werden müssen, ob und was anhand der Ultraschallbilder eindeutig zu sehen oder nicht zu sehen war oder ob die Einschätzungen der Tierärztin durchaus vertretbar waren usw. und je nach Auswertung, ob sich ein bewußte Falschberatung zum Zwecke der kostenpflichten (unnötigen) Operationen aus dem Akteninhalt ergeben könnte.
 
Versuchen Sie entweder in einem Gespräch mit der Tierärztin, zu dem Sie unbedingt einen unbeteiligten Zeugen mitnehmen sollten, den Fall zu klären oder wenden Sie sich an die zuständige Landestierärztekammer, die die Tierärztin zu einer Stellungnahme auffordern wird. Zwar kann die Kammer keine Rechtsstreitigkeiten lösen oder Einfluss auf Rechnungen nehmen, jedoch könnte so eine gütliche Einigung gefunden werden.
 
Notfalls wenden Sie sich an einen Anwalt oder eine Anwältin für Tierrecht.  
 

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