Antwort von Tierärztin Janina Rohde
Hallo Frau M.
Nach einem Umzug zeigen viele Katzen, selbst sehr erfahrene Freigänger, vorübergehend ein deutlich verändertes Erkundungs- und Suchverhalten. Ihr Kater hat in der alten Umgebung über Jahre ein festes Territorium aufgebaut: bekannte Wege, feste Rückzugsorte, vertraute Gerüche, bekannte Nachbarskatzen und klare „Grenzen“. Durch den Ortswechsel ist dieses komplette Orientierungssystem weggefallen. In den ersten Wochen versuchen viele Katzen daher, ein neues Territorium zu definieren, sie laufen größere Kreise, bewegen sich unruhiger, prüfen alle Fluchtwege und erkunden intensiv Gerüche und Geräusche. Das wirkt auf Halterinnen und Halter oft wie „Überdrehen“, ist aber ein normales Such- und Anpassungsverhalten. Hinzu kommt, dass Katzen nach einem Umzug manchmal versuchen, das frühere Zuhause „wiederzufinden“. Man beobachtet dann Suchbewegungen in alle Richtungen, verstärktes Klettern und erhöhte motorische Aktivität. Auch der Stresspegel kann vorübergehend ansteigen, was zu unkoordiniertem oder hektischem Bewegungsverhalten führt. Dass er früher in der Nähe blieb, lag daran, dass sein Territorium über Jahre stabil und sicher war, das muss er nun erst neu aufbauen. Wichtig ist jetzt, ihn weiterhin eng zu begleiten: Freigang nur tagsüber, idealerweise wenn Sie zuhause sind; den GPS-Tracker vorerst beibehalten; Futterzeiten und Rückrufrituale sehr verlässlich gestalten, gegebenenfalls den Radius zunächst begrenzen, indem Sie ihn regelmäßig hereinrufen oder kurze gemeinsame Gartenzeiten anbieten. Für viele Katzen normalisiert sich das Verhalten innerhalb von 4–8 Wochen, wenn sie ihre neue Umgebung sicher einschätzen können. Sollte die Unruhe anhalten, er gar nicht mehr zur Ruhe kommen oder Anzeichen von Angst, Gewichtsverlust oder aggressivem Verhalten gegenüber anderen Katzen zeigen, wäre eine tierärztliche Kontrolle sinnvoll, um medizinische Ursachen (z. B. Schmerzen, Hyperthyreose oder Stress-assoziierte Erkrankungen) auszuschließen.
Viele Grüße
Janina Rohde