Wildtiere im Zirkus

Die Haltung von wilden Tieren für Kunststückchen ist ein großes Tierschutzproblem

Ein Elefant steht auf Stroh vor Zirkuswagen. © pepsphoto / Fotolia
Dieser Elefant lebt im Zirkus statt in freier Wildbahn.

In Zirkusbetrieben und ähnlichen Einrichtungen werden Tierdressuren gezeigt, oder Tiere werden nur zu Schauzwecken mitgeführt. Hierunter befinden sich auch wildlebende Arten, deren Ansprüche an eine verhaltensgerechte Unterbringung so hoch sind, dass sie in einem reisenden Zirkusunternehmen nicht angemessen berücksichtigt werden können. Dies betrifft vor allem Affen, Elefanten, Großbären, Nashörner und Flusspferde. Aber auch bei der Haltung anderer Arten im Zirkus wie zum Beispiel Giraffen, Großkatzen, Robben, Wölfen, bestimmten Reptilienarten usw. werden grundsätzliche Tierschutzprobleme beobachtet.

Im Wesentlichen ist die Tierhaltung im Zirkus mit folgenden tierschutzrelevanten Problemen behaftet:

  • Stress durch ständige Transporte  
  • Häufige Aufenthalte in engen Transportwagen, mindestens während der Fahrten und den Auf- und Abbauarbeiten am jeweiligen Gastspielort
  • Oft nur unzureichend mit Bewegungs-, Beschäftigungs- und Rückzugsmöglichkeiten ausgestattete Gehege
  • Einzelhaltung sozial lebender Tiere wie Affen, Elefanten, weibliche Nashörner oder Flusspferde, die normalerweise in Gruppen bzw. Familienverbänden mit komplexen Sozialstrukturen leben
  • Ankettung von Tieren aus Sicherheitsgründen  
  • Stress durch Gruppenhaltung von Einzelgängern wie zum Beispiel bestimmte Großkatzen- oder Bärenarten. Besonders rangniedere Tiere können extrem unter der Nähe und den Blicken ranghöherer Artgenossen leiden 
  • Für kälteempfindliche Tierarten fehlen manchmal Heizungen oder geeignete Winterquartiere
  • Dressur zu artwidrigem Verhalten wie beispielsweise das Springen durch einen Feuerreifen (Großkatzen) oder der Kopfstand beim Elefanten, welcher zudem gesundheitsschädlich für das Tier ist  
  • Entwicklung von haltungsbedingten Verhaltensstörungen (Stereotypien) wie beispielsweise Weben (Hin- und Herschaukeln) bei Elefanten oder Kreisgang, Hin- und Herlaufen an einer Käfigwand oder das Laufen von Achtertouren bei Großkatzen
  • Mangel an Kenntnissen sowie den nötigen finanziellen Mitteln für eine artgerechte Unterbringung und Versorgung der Tiere
  • Fehlende angemessene tierärztliche Behandlung einiger Wildtierarten durch Spezialisten-Mangel am jeweiligen Gastspielort
  • Darüber hinaus werden immer wieder in konkreten Einzelfällen tierschutzwidrige Haltungen vorgefunden

Keine Lösungsmöglichkeit auf Vollzugsebene

In Einzelfällen können zwar die Vollzugsbehörden Missstände entdecken und entsprechend handeln. Die Problematik nicht artgerechter Haltung bestimmter Wildtiere im Zirkus bleibt aber grundsätzlich vorhanden. Hinzu kommt, dass eine geeignete Unterbringung von Elefanten, Bären oder Flusspferden zum Beispiel oft nicht zu finden ist, und so eine Beschlagnahmung der Tiere ausbleiben muss. Nur ein gesetzliches Verbot bestimmter Wildtierarten im Zirkus kann daher künftig wirksam Abhilfe schaffen.

Rechtsgrundlagen

Für Tierhaltungen in Zirkusbetrieben geltenden die Vorgaben des § 2 TierschutzgesetzDieser besagt: „Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

  1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
  2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
  3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.“

Gutachten und Leitlinien

Bei der Beurteilung von Tierhaltungen in Zirkussen dienen sowohl den Vollzugsbehörden als auch den Tierhaltern folgende weitere von der Bundesregierung veröffentlichte Orientierungshilfen, die jedoch nicht rechtsverbindlich sind:

Für Haushunde, die im Zirkus gehalten werden, gilt die Tierschutz-Hundeverordnung.

Politische Entwicklung

Während in einigen anderen Ländern die Haltung von Tieren in Zirkussen schon ganz oder teilweise verboten ist, existieren in Deutschland immer noch keine speziellen Rechtsvorschriften für die Tierhaltung im Zirkus.

  • Bereits im Jahr 2003 hat der Bundesrat die Bundesregierung gebeten, unverzüglich eine Rechtsverordnung zuzuleiten, die das „Halten von Tieren wildlebender Arten, und zwar insbesondere von Affen, Elefanten und Großbären, in Zirkusbetrieben, mit entsprechenden Übergangsregelungen für vorhandene Tiere, grundsätzlich verbietet.“ (BR-Drucksache 595/03).
  • Die Bundestierärztekammer forderte im Jahre 2010 ein generelles Verbot von Wildtieren im Zirkus. Im Jahr 2011 hat auch die Freie Hansestadt Hamburg eine Initiative zum Verbot für Affen, Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörner und Flusspferde in Zirkusbetrieben in den Bundesrat eingebracht (BR-Drucksache 565/11).

Der Bundesrat als eines der höchsten Verfassungsorgane betonte schon 2003, dass für bestimmte Tierarten eine artgerechte Haltung in diesen Betrieben systemimmanent nicht möglich ist, und dass sich diese Problematik auf der Vollzugsebene nicht lösen lässt. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass ein Verbot der Haltung bestimmter Tiere zwar einen Eingriff in die Berufsfreiheit der betroffenen Personen darstellt, aber der Tierschutz als Staatsziel in Artikel 20a GG als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut einzuordnen ist.

  • Bei der Novellierung des Tierschutzgesetzes 2013 wurde in § 11 (4) des Tierschutzgesetzes ein Passus aufgenommen, der das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ermächtigt „durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Zurschaustellen von Tieren wildlebender Arten an wechselnden Orten zu beschränken oder zu verbieten, soweit die Tiere der jeweiligen Art an wechselnden Orten nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden gehalten oder zu den wechselnden Orten nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden befördert werden können.“ Diese Formulierung läuft jedoch dem Staatsziel Tierschutz zuwider, welches ein Verschlechterungsverbot beziehungsweise ein Optimierungsgebot vorsieht.
  • Im Februar 2016 hat das Land Hessen abermals eine Bundesratsinitiative zum Verbot von Elefanten, Affen, Bären, Giraffen, Nilpferden und Nashörnern im Zirkus eingebracht (BR-Drucksache 78/16). 
  • Im November 2020 legte Bundesministerin Julia Klöckner den Entwurf einer „Verordnung zum Schutz von Tieren bei der Haltung und bei dem Zurschaustellen an wechselnden Orten (Tierschutz-Zirkusverordnung – TierSchZirkV)“ vor, der ein (Nachstell-)Verbot der Haltung von Giraffen, Elefanten, Nashörnern, Flusspferden, Primaten und Großbären in reisenden Zirkussen vorsieht. Ferner enthält die Verordnung Anforderungen an die Haltung aller in Zirkussen mitgeführten Tiere. Diese Vorgaben betreffen die Unterbringung und Versorgung, den Transport der Tiere sowie auch die Transportdauer oder Trainingsbedingungen.

Der Verordnungsentwurf ist in Bezug auf die Tierarten größtenteils deckungsgleich mit dem vor fast 20 Jahren im Bundesrat von Hessen eingebrachten Antrag zum Verbot bestimmter Wildtierarten im Zirkus und kommt inzwischen jedoch viel zu spät, denn es gibt in deutschen Zirkussen mittlerweile weder Nashörner noch Großbären und lediglich zwei Giraffen sowie ein Nilpferd und einen Menschenaffen. 
Diesen Tieren hilft jedoch auch das geplante Nachstellverbot nicht.  Demgegenüber ist der Verordnungsentwurf aus Sicht des Tierschutzes unzureichend, da Wildtiere wie Großkatzen, Robben, Kängurus, Reptilien, Zebras, Greifvögel, Laufvögel, Delfine, Tümmler, Pinguine, Flamingos etc. weiterhin in Zirkussen mitgeführt werden dürfen. Damit lässt der Verordnungsentwurf Tierarten unberücksichtigt, die sogar laut der „Zirkusleitlinien“ nicht für die Haltung in Wanderzirkussen geeignet sind. Aber auch die Unterbringung von „Haustieren“ wie Pferde, Esel, Ziegen, Rinder usw. in reisenden Zirkusunternehmen ist nicht weniger problematisch, nur weil diese Tiere domestiziert sind.

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