Notfälle bei Hund und Katze

Wenn jede Sekunde zählt

Hausapotheke - Hund mit Verband an der Pfote. © TASSO

Hunde und Katzen werden manchmal plötzlich krank oder verletzen sich und nicht immer ist auf den ersten Blick erkennbar, wie ernst die Lage ist. Wann handelt es sich um einen echten Notfall? Viele Tierhalterinnen und Tierhalter sind in solchen Momenten verunsichert, reagieren mit Hilflosigkeit oder Sorge, etwas falsch zu machen. Ob akute Schmerzen, Vergiftungsverdacht, starke Blutungen oder Unfälle: Es gibt Situationen, in denen jede Minute zählt. Grundlegende Erste Hilfe Maßnahmen zu kennen und anwenden zu können gibt in solchen Situationen Sicherheit.

Im folgenden Text haben wir Anhaltspunkte für die Bewertung einer Notfallsituation und einige Erste-Hilfe-Maßnahmen für Sie zusammengetragen. Grundsätzlich gilt: Wenn Sie den Verdacht haben, dass es sich um einen Notfall bei Ihrem Tier handelt, zögern Sie nicht, sofort eine Tierklinik zu kontaktieren. Viele Kliniken bieten einen 24-Stunden-Notdienst, auch nachts und an Wochenenden. Oft kann bereits am Telefon eine erste Einschätzung erfolgen. Im Zweifel gilt immer: Lieber einmal zu viel als einmal zu spät den Tierarzt oder die Tierärztin aufsuchen.

Was ist überhaupt ein Notfall und woran erkenne ich einen Notfall ?

  • Wenn etwas blau ist, das rosa sein sollte –  Atemnot oder erschwerte Atmung
    • Atemnot oder sehr schnelle angestrengte Atmung
    • Keuchen, Röcheln, blasse oder bläuliche Schleimhäute
    • Bei Katzen kommt Hecheln ausschließlich bei Atemnot, Überhitzung oder starkem Stress vor und sollte immer ernst genommen werden
       
  • Wenn andauernd etwas raus kommt, das rein gehört – starke Blutungen, häufiges Erbrechen
    • stark blutende Wunden
    • häufiges, erfolgloses Erbrechen oder blutiges Erbrechen
    • anhaltender wässriger Durchfall
       
  • Wenn etwas zu sehen ist, das nicht zu sehen sein sollte – Verletzungen, Fremdkörper
    • klaffende/starke Schnitt-, Riss- oder Bissverletzungen, Augenverletzungen
    • Fremdkörper, wie perforierende Dornen/Stöcke
       
  • Wenn etwas ab ist, das dran gehört – amputierte Gliedmaßen
    • abgerissene Gliedmaßen oder Körperteile aufgrund von Unfällen
       
  • Wenn sich etwas bewegt, das sich sonst nicht bewegt – Knochenbrüche, Krampfanfälle
    • Knochenbrüche, oft aufgrund von starken Traumata/Verkehrsunfällen
    • Krampfanfälle, eventuell einhergehend mit Speicheln, Urin-/Kotabsatz, Orientierungslosigkeit
       
  • Wenn sich nichts mehr bewegt – Apathie, Lähmungen, Bewusstlosigkeit
    • plötzliche Lähmungen
    • Stark reduziertes Allgemeinbefinden
    • ausbleibende Atmung/fehlender Puls
    • Bewusstlosigkeit, fehlende Ansprechbarkeit
    • Lähmung der Gliedmaßen
    • plötzliches Umfallen
       
  • Wenn etwas drinnen bleibt, das rauskommen soll – fehlender Urinabsatz, Geburtsstillstand
    • gar kein Urinabsatz trotz Drang oder Blut im Urin (Verdacht auf Harnröhrenverschluss, v.a. bei Katern)
    • Über mehrere Tage ausbleibender Kotabsatz
    • Geburtskomplikationen mit Wehen ohne Fortschritt oder bei Erschöpfung des Muttertiers
       
  • Wenn etwas gefressen wird, das nicht gefressen werden sollte
    • Aufnahme von giftigen Substanzen und Lebensmitteln (z. B. Schokolade, Medikamente, Frostschutzmittel, bestimmte Pflanzen)
    • Aufnahme von Fremdkörpern (z.B. Socken, Haargummies, Steine, Köder)
    • Vergiftungsverdacht
    • Vergiftungssymptome wie Zittern, Krämpfe, Speicheln, Erbrechen, Durchfall, Apathie
  • Wenn etwas größer wird, das klein bleiben sollte – aufgeblähter Bauch
    • Akut aufgeblähter Bauch mit Unruhe und evtl. Erbrechen (Verdacht auf Magendrehung, v. a. bei großen Hunderassen)
       
  • Wenn etwas zu heiß wird, das kühl bleiben sollte – Hitzschlag
    • Überhitzung (durch Außentemperatur oder Anstrengung induzierte Hyperthermie)
    • Symptome wie Hecheln, Speicheln, Herzrasen, dunkle Schleimhäute, Apathie, Erbrechen, Krampfanfälle, Bewegungsstörungen, Bewusstlosigkeit

Zusammenfassend sollten folgende Situationen unbedingt als Notfall eingestuft werden:

  • Zahnfraktur
  • Augapfelvorfall
  • Augenverletzung
  • Bissverletzung
  • Bewusstlosigkeit
  • Hitzschlag
  • Starke Blutung
  • Verbrennung
  • Knochenbruch
  • akute Lähmung
  • akute Atemnot
  • starke allergische Reaktion (Insektenstich)
  • vorgefallene Organe

Was ist kein Notfall?

Tiere sind oft schwierig einzuschätzen und Tierhalterinnen und Tierhalter machen sich verständlicherweise große Sorgen, wenn etwas mit ihrem Tier nicht stimmt. Dennoch ist es wichtig, zu versuchen, eine Situation richtig einzuschätzen, um Notfallkliniken nicht zu stark zu belasten, denn oft gibt es nur wenig tiermedizinisches Personal, das zum Beispiel für den Nachtdienst zuständig ist. Wenn sich in einer Klinik mehrere Notfälle gleichzeitig häufen, kommt die sogenannte ‚Triage‘ zum Einsatz – ein Verfahren, bei dem nach Dringlichkeit entschieden wird, welcher Patient zuerst behandelt wird. Um beim eigenen Tier zu entscheiden, ob gerade ein Notfall vorliegt, zählt im Endeffekt aber immer Ihre eigene Einschätzung und Ihr Bauchgefühl, denn Sie kennen Ihr Tier am besten. Es hilft Ihrem Tier nicht weiter, wenn Sie vor Sorge schlaflose Nächte verbringen. Was weiterhelfen kann, ist eine kurze telefonische Rückversicherung. Rufen Sie deshalb immer erstmal in einer Tierklinik an, wenn Sie sich über den Zustand Ihres Tieres unsicher sind. Am Telefon kann der Fall mit fachkundigen Personen besprochen und oftmals besser eingeschätzt werden, ob die Fahrt zur Klinik nötig ist.

Einige Vorfälle und Symptome können bis zum nächsten Tag warten und müssen nicht direkt als Notfall eingestuft werden.

Darunter gehören zum Beispiel:

  • Flöhe, Zecken, Milben, Würmer oder sonstige Parasiten
  • leichtes Humpeln ohne große Schmerzanzeichen
  • vorübergehender Durchfall oder einmaliges Erbrechen (ohne Fieber oder gestörtes Allgemeinbefinden)
  • leichter Husten/ Schnupfen ohne Fieber
  • kleine Hautverletzungen ohne starke Blutung (Biss-, Schuss-, Sturz-Verletzungen, Autounfälle sind Notfälle!)
  • Bindehautentzündung ohne Verschlechterung
  • leichte Appetitlosigkeit für einen Tag
  • Hautveränderungen oder Juckreiz (Ohren, Pfoten)
  • Krallen schneiden
  • überfällige Impfungen

Was tue ich bei einem Notfall?

Im Notfall: Ruhe bewahren, Überblick verschaffen, zügig handeln
Im Ernstfall gilt immer: Bewahren Sie Ruhe, verschaffen Sie sich einen Überblick und handeln Sie überlegt, aber zügig. Überprüfen Sie zur Einschätzung des Kreislaufs die Atmung, die Schleimhäute und den Puls Ihres Tieres. Die Atmung sollte regelmäßig und gleichmäßig sein (20-30 Atemzüge/Min), die Schleimhäute rosa/feucht und der Puls gleichmäßig und kräftig (60-120/Min). Transportieren Sie das Tier möglichst stabil umgehend in eine Tierarztpraxis/Klinik. Idealerweise in rechter Seitenlage, Hals überstreckt, Atemwege frei. Eine Box, Jacke oder Decke können dabei als Tragehilfe dienen. Holen Sie sich, wenn möglich, Unterstützung: Eine zweite Person kann beim Halten, Telefonieren oder bei Erste-Hilfe-Maßnahmen wertvolle Hilfe leisten.

Verletzungen und Unfälle: Erste Maßnahmen
Unfälle lassen sich im Alltag, auf Gassirunden oder im Kontakt mit anderen Tieren nicht immer vermeiden. Dabei kann es zu unterschiedlich schweren Verletzungen, aber auch zum Schock kommen.

Blutende Wunden sollten inspiziert und wenn nötig mit einem Druckverband versorgt werden. Dieser kann für Blutstillung sorgen und den Weg zur Tierarztpraxis überbrücken. Nutzen Sie dazu sterile Wundauflagen, Polsterwatte und eine stramm sitzende Schicht Fixierbinde. Notfalls helfen auch Alltagsmaterialien wie Krepp oder Klebeband. Wichtig ist: Der Druck des Verbands muss stärker als der Blutdruck sein, damit die Blutung aufhört. Selbstständig angelegte Verbände (vor allem ohne ausreichende Polsterung) sollten jedoch nicht länger als 2 Stunden verbleiben, da sie schnell zu Druckstellen und Minderdurchblutung des Gewebes führen können.

Biss- und Augenverletzungen gehören immer in tierärztliche Behandlung, da deren Schwere oft unterschätzt wird. Bisswunden sehen häufig sehr klein aus, doch Keime gelangen über die Zähne bis tief ins Gewebe. Ein vorzeitiges Spülen oder Reinigen sollte bei Bissverletzungen vermieden werden, um die Keime nicht noch tiefer im Gewebe zu verteilen.

Bei Verdacht auf Frakturen oder Zerrungen sollte die betroffene Extremität möglichst wenig bewegt und z. B. auf einem Handtuch oder einer Jacke auf dem Weg zur Tierarztpraxis, weich gelagert werden. Offene Brüche benötigen sofortige Blutstillung durch einen Druckverband, jedoch ohne zu starke Manipulation der Fraktur. Hier sollte umgehend die nächste Tierklinik aufgesucht werden.

Vergiftungen und Fremdkörper
Hat Ihr Tier einen Fremdkörper oder etwas Giftiges (z. B. Schokolade) verschluckt, ist schnelles Handeln gefragt. In einer Tierarztpraxis kann Erbrechen ausgelöst werden, solange der Fremdkörper noch im Magen liegt. Sollten Sie sich unsicher sein, ob Ihr Tier etwas verschluckt hat, ist der Gang zur Tierarztpraxis und ein Röntgenbild oder Ultraschall immer die sichere Alternative.

Akute Symptome wie Erbrechen, Taumeln, Gang- und Bewusstseinsstörungen, anhaltendes Zittern sowie Krampfanfälle können möglicherweise auf Vergiftungen hindeuten und erfordern umgehend tierärztliche Abklärung. Meist ist dafür weiterführende Diagnostik wie Röntgen oder Ultraschall nötig. Geben Sie keine Medikamente wie Schmerz- oder Übelkeitstabletten auf eigene Faust, das kann die Lage verschlimmern. Achtung: einige humanmedizinische Arzneimittel wie z.B. Ibuprofen sind hochgiftig für Tiere.

Schock und Reanimation
In Schocksituationen (z. B. nach Unfällen) kommt es im Körper zu einem starken Blutdruckabfall und dadurch zu einem instabilen Kreislauf. Hier ist die Stabilisation des Kreislaufes lebensnotwendig. In einer Klinik wird hierfür immer eine Infusion verabreicht. Sollten Sie ein Tier bewusstlos vorfinden, bei dem die überprüften Parameter (Atmung, Puls) nicht mehr vorhanden sind, ist eine Reanimation überlebenswichtig. Zögern sich nicht aus Angst etwas falsch zu machen und beginnen Sie sofort mit einer Herzdruckmassage sowie der Mund-zu-Nase-Beatmung. Für eine Reanimation sollte das Tier in rechter Seitenlage mit überstrecktem Kopf liegen. Die Atemwege sollten frei sein. Das heißt, dass die Maulhöhle auf Fremdkörper oder Erbrochenes überprüft werden sollte, die Zunge kann dabei etwas herausgezogen werden. Was bei einer Reanimation im Detail zu beachten ist, haben wir für Sie am Beispiel „Hitzschlag“ seperat zusammengestellt.


Was muss ich beachten, wenn ich einen Notdienst suche?

Im Notfall zählt jede Minute, deshalb ist es wichtig, schon im Vorfeld zu wissen, an wen Sie sich wenden können. Informieren Sie sich frühzeitig über Tierkliniken oder Tierarztpraxen mit Notdienst in Ihrer Umgebung. Viele Kliniken/Praxen veröffentlichen ihre Notfallnummern und Notdienstzeiten auf der Website oder über ihren Anrufbeantworter. Viele Tierkliniken haben oft rund um die Uhr Bereitschaft, es gibt aber auch einige, die z. B. nur bis 24:00 geöffnet haben. Halten Sie diese Kontakte griffbereit, am besten eingespeichert im Handy. Zusätzlich kann es hilfreich sein, eine kleine Notfalltasche mit den wichtigsten Informationen zum Tier, zu aktuellen Medikamenten, zum Impf- und Krankheitsstatus und die letzten Blutergebnisse griffbereit zu haben. Seien Sie sich bewusst, dass außerhalb der regulären Zeiten meist höhere Kosten anfallen und in Kliniken ein höherer Satz veranschlagt wird. Gerade wegen unvorhersehbaren Notfällen ist es ratsam, rechtzeitig eine Krankenversicherung für Ihr Tier abzuschließen, damit einer adäquaten Behandlung keine finanziellen Hürden im Weg stehen. Wenn Sie sich auf den Weg zum Notdienst machen, ist es immer wichtig vorher anzurufen, damit sich das tiermedizinische Personal auf den Fall einstellen und Vorbereitungen getroffen werden können.


Notfallapotheke

Damit Sie unterwegs und zu Hause auf Notfälle und kleine Verletzungen vorbereitet sind, empfiehlt es sich, eine tierische Notfallapotheke zur Hand zu haben. Bewahren Sie die Hausapotheke idealerweise in einer verschließbaren Tasche oder Box, sicher vor Ihrem Tier und schnell griffbereit auf. Am besten an einem dunklen, trockenen und nicht zu warmen Ort. Kontrollieren Sie zudem regelmäßig das Verfallsdatum von Salben und Co. Denken Sie auch daran, eine Reiseapotheke in den Urlaub mitzunehmen.

Folgende Dinge sind in einer Notfallapotheke sinnvoll:

Verbandsmaterial und Wundversorgung

  • Nicht klebende sterile Wundauflagen
  • Polsterwatte und selbsthaftende Fixierbinden
  • Heftpflaster/wasserdichtes Klebeband
  • Antiseptische Desinfektionsmittel (ohne Alkohol)
  • Isotonische Kochsalzlösung zur Reinigung
  • Wunden immer vor dem Verbinden mit nicht haftender Wundauflage abdecken
  • Tiefe Wunden/Bisswunden nicht selbst reinigen – sofort zur Tierarztpraxis

Medikamente

  • Regelmäßig benötigte Medikamente in ausreichender Menge
  • Keine Humanmedikamente verabreichen! Ibuprofen & Co. sind hochgiftig für Tiere

Zusätzliche Ausrüstung für unterwegs

  • Verbandsschere mit abgerundeter Spitze
  • Krallenschere
  • Zeckenzange
  • Einmalhandschuhe
  • Pinzette (für Splitter, Dornen)
  • Thermometer (Normaltemperatur Hund und Katze 38-39 Grad)
  • Kühlpack
  • Maulkorb (z. B. für Notfälle, Maulkorbpflicht in Verkehrsmitteln)
  • Leckschutz (z. B. Hundeschuh, Babysocken)
  • (Für Hunde: Frubiase® Calcium Trinkampullen (aus dem Humanbereich als erste Hilfe bei Insektenstichen, insbesondere wenn der Hund Anzeichen einer allergischen Reaktion zeigt))
  • Taschenlampe + Batterien (um auch dunkle Stellen wie z. B. Ohren besser sehen zu können)

Auch wenn Sie sich Mühe geben, alle Gefahrenquellen zu minimieren: Es kann immer zu einem medizinischen Notfall oder einem Unfall kommen. Umso wichtiger ist es, in solchen Situationen schnell zu handeln und vorbereitet zu sein. Vertrauen Sie auf Ihr Gefühl, bewahren Sie Ruhe und zögern Sie nicht, sofort Hilfe zu suchen.  So können Sie Ihrem Tier im Ernstfall die bestmögliche Hilfe zukommen lassen und wertvolle Zeit gewinnen.

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