Rechtliches beim Tierarzt

Tipps für Tierhalter und Fallbeispiele aus der Anwaltspraxis

Hund wird beim Tierarzt untersucht. © Pixabay

In der Regel sind nach dem Besuch beim Tierarzt alle zufrieden und verlassen erleichtert die Praxis. Auch wenn Sie sich als Tierhalter keine Gedanken darüber machen, schließen Sie mit dem Tierarzt (in der Regel unausgesprochen) einen Vertrag, aus dem sich für beide Seiten Rechte und Pflichten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergeben. Für die Errechnung der Tierarzt-Gebühren und die Rechnungsstellung gibt es ebenfalls gesetzliche Regelungen, die der Tierarzt beachten muss.

Über unseren Service „Tier & Recht erhält die für TASSO tätige Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries regelmäßig auch Fragen aus diesem spannenden Bereich. Im Folgenden finden Sie Beispielfälle aus der Anwaltspraxis, die Ihre Rechte verständlich erklären, und Tipps, worauf Sie als Tierhalter achten sollten.

Grundsätzliches zum Thema Tierarztbesuch

Für Sie als Tierhalter ergibt sich aus dem geschlossenen Dienstvertrag die Pflicht, die Tätigkeit des Arztes und die von ihm dafür in Rechnung gestellten Gebühren zu bezahlen und den Anweisungen des Tierarztes Folge zu leisten.

Zu den vertraglichen Pflichten des Tierarztes zählen neben der Schweige- und der Fortbildungspflicht vor allem die Sorgfalts- und die Aufklärungspflicht. Verstößt er schuldhaft gegen diese Pflichten und verursacht dadurch einen Schaden, macht er sich schadensersatzpflichtig. In den Berufsordnungen der jeweiligen Landestierärztekammern sind die Rechte und Pflichten der Tierärzte geregelt, unter anderem auch die Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung.

Wichtig für das weitere Verständnis dieser Rechtsbeziehung ist die Tatsache, dass der Tierarzt in der Regel nur seinen Dienst, das heißt die reine Tätigkeit und gerade keine erfolgreiche Behandlung, schuldet.

Tipps für den Tierarztbesuch

Die Fallbeispiele zeigen, wie schwierig es ist zu klären, ob überhaupt ein Behandlungsfehler vorliegt und ob dieser schuldhaft begangen wurde. Hinzu kommt auch, dass Tierhalter in den seltensten Fällen daran denken, sich eine Kopie von der Aufklärungs- und Einwilligungserklärung geben zu lassen, die sie zum Beispiel vor Operationen unterschreiben müssen. So kann nicht geprüft werden, worüber aufgeklärt und worin genau eingewilligt wurde.

Ängste, Trauer, Wut oder ein schlechtes Gewissen gegenüber dem eigenen Tier können den objektiven Blick zudem verstellen.

Wichtig ist daher:

  • Lassen Sie sich ausführlich aufklären und fragen Sie den Tierarzt so lange, bis Sie es verstanden haben. Bestenfalls lassen Sie sich begleiten, denn vier Ohren hören schließlich mehr.
  • Tätigen Sie nicht leichtfertig die Aussage: „Machen Sie alles, damit es meinem Tier wieder besser geht“.
  • Lesen Sie sich Dokumente, die Sie unterschreiben, vorher durch und lassen Sie sich eine Kopie für Ihre eigenen Unterlagen aushändigen.
  • Lassen Sie sich stets einen Rechnungsausdruck geben.

Was können Tierhalter im Streitfall tun?

Im Streitfall sollten Sie unter Hinzuziehung eines unbeteiligten Zeugen zunächst eine einvernehmliche Lösung mit dem Tierarzt suchen und das Ergebnis bestenfalls schriftlich festhalten. Lässt sich der Streit nicht aus der Welt schaffen, sollte das Tier unverzüglich einem anderen Tierarzt zur Begutachtung vorgestellt beziehungsweise im Todesfall von einem Pathologen obduziert werden.

Zudem können Sie sich an die Tierärztekammer des jeweiligen Bundeslandes wenden. Die Kammern können zwar weder eine Rechnung korrigieren, noch Ihre Ansprüche prüfen oder rechtlich verbindlich feststellen etc., sie können jedoch versuchen zwischen Ihnen und dem Tierarzt zu vermitteln.

Im Zweifel sollten sich Tierhalter an einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Tierrecht wenden, um die Erfolgsaussichten und das entsprechende Kostenrisiko eines Haftungsprozesses prüfen zu lassen.

Text und Beispielfälle: © RA Ann-Kathrin Fries

Hier finden Sie Beispielfälle aus der Anwaltspraxis

  • Katze: Beispielfälle aus der Anwaltspraxis

    1. Fallbeispiel: Eine Tierhalterin hatte ihre Katze zwar von einer Tierärztin kastrieren lassen, dennoch wurde die Katze immer wieder rollig. Da die Tierärztin die Katze mit Spritzen und diversen Ergänzungsfuttermitteln erfolglos versuchte zu behandeln, suchte die Katzenhalterin eine zweite Tierärztin auf, die in einer Operation versprengtes Eierstockgewebe fand und entfernte.

    Der Großteil der Rechtsfragen in der Praxis beschäftigt sich mit möglichen Diagnose- und/oder Behandlungsfehlern eines Tierarztes. Aber wann liegt ein Behandlungsfehler überhaupt vor? Nach der Rechtsprechung dann, wenn der Tierarzt nicht die tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen eingesetzt hat, die von einem gewissenhaften Tierarzt erwartet werden können (er also nicht „lege artis“ gehandelt hat). Ein Behandlungsfehler liegt daher bei einer Pflichtverletzung des Tierarztes vor. Haftbar macht sich der Tierarzt aber erst dann, wenn ihm auch ein Verschulden an dieser Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann.

    Hier zeigt sich, warum dieses Rechtsgebiet für Tierhalter so schwierig ist, da der Tierhalter im Streitfall die Pflichtverletzung beweisen können muss. Ohne die Einschaltung eines Sachverständigen ist dies in der Regel unmöglich, da hierzu Spezialkenntnisse nötig sind, die weder der Tierhalter, noch die (unter Umständen) beteiligten Rechtsanwälte und Gerichte haben. In einem Rechtsstreit muss der Tierhalter als Kläger also einen entsprechenden Kostenvorschuss leisten.

    Der Tierarzt wiederum muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Anders ist es allerdings, wenn der Tierarzt seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist. Die fehlende Dokumentation spricht dann gegen den Tierarzt und kehrt die Beweislast um. Der Tierarzt muss nun seinerseits beweisen, dass der Schaden auch bei einer fehlerfreien Behandlung eingetreten wäre.

    2. Fallbeispiel: In einem traurigen Fall brachten zwei Katzenhalter ihr Tier in einem sehr schlechten Zustand zum Tierarzt. Dieser nahm der regungslosen und fast komatösen Katze Blut ab, gab ihr Aufbauspritzen und fertigte Röntgenbilder an. Die Halter sollten am nächsten Tag erneut zur Auswertung der Blutergebnisse und weiteren Behandlung in die Praxis kommen. Die Katze verstarb jedoch noch in der Nacht unter schlimmen Schmerzen. Die Halter teilten dem Tierarzt dies am Telefon mit und erhielten die Auskunft, dass die Katze ohnehin schon die gesamte Zeit aufgrund einer Vergiftung im Koma gelegen habe und damit keine Schmerzen gehabt haben könne. Die Halter hatten den Eindruck, dass der Tierarzt die Vergiftung der Katze erkannt hatte und dennoch die – letztlich – unnötigen und teuren Behandlungen vorgenommen hat, statt die Katze von ihren Leiden zu erlösen und einzuschläfern. Sie wollten die noch offene Rechnung nicht bezahlen.

    Es ist ein nachvollziehbarer und verbreiteter Irrtum, dass der Tierhalter beispielsweise nach einer erfolglosen OP die Rechnung des Tierarztes nicht zahlen muss. Wie oben gezeigt, schuldet der Tierarzt allein sein Tätigwerden, und solange er mit der nötigen tierärztlichen Sorgfalt und nach den anerkannten Regeln der tierärztlichen Wissenschaft arbeitet, muss er dafür bezahlt werden. Die Behandlungskosten richten sich nach der Gebührenverordnung für Tierärzte (GOT), die etwa 800 Einzelleistungen und Behandlungsschritte sowie den jeweiligen Gebührensatz aufzählt. Da dort keine konkreten Endbeträge vorgegeben werden, muss der Tierarzt nach dem „Baukastenprinzip“ die einzelnen Teile zusammenrechnen. So besteht eine Kastration beispielsweise aus einer Voruntersuchung, der Injektion des Narkosemittels, der eigentlichen OP und der Injektion des Antibiotikums. Je nach Schwierigkeit des Einzelfalls, kann er seine Leistung mit dem Ein- bis Dreifachen des jeweiligen Gebührensatzes abrechnen. Die Zusatzkosten für Material, Laborbefunde, Medikamente, Fahrtkosten für Hausbesuche und die gesetzliche Mehrwertsteuer sind darin nicht enthalten und werden zusätzlich abgerechnet.

    Ob im geschilderten Fall die gewählte Behandlung, die Aufbauspritzen und das Röntgen tatsächlich notwendig oder stattdessen aufgrund des schlechten Gesundheitszustands sinnlos waren, müsste im Streitfall durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden.

  • Hund: Beispielfälle aus der Anwaltspraxis

    1. Fallbeispiel: Nach einer Operation hatte eine Tierärztin der Hundehalterin nur das Anziehen eines Bodys statt eines Trichters empfohlen. In der Nacht schaffte es der Hund die Wunde aufzubeißen und sich die Fäden zu ziehen. Für die Nachbehandlung stellte die Tierärztin der Halterin dann fast den gleichen Betrag in Rechnung, den die Hundehalterin allerdings nicht zahlen wollte.

    Ob es sich bei der ärztlichen Empfehlung eines Bodys beziehungsweise dem unterlassenen Rat zu einem Trichter tatsächlich um eine schuldhafte Pflichtverletzung handelt, ist fraglich, da die Tierärztin zu einer grundsätzlich geeigneten Vorsorgemaßnahme geraten hatte und es in dem Verantwortungsbereich des Tierhalters liegt, sein Tier davon abzuhalten, auf die Wunde einwirken zu können, auch wenn dies mitunter schwierig ist.

    2. Fallbeispiel: In einem anderen Fall erkundigte sich die Hundehalterin vor der Operation nach den voraussichtlichen Kosten und erhielt die mündliche Auskunft des Tierarztes, dass diese sich auf etwa 450 Euro belaufen würde. Da die Rechnung jedoch letztlich knapp 800 Euro betrug und damit fast doppelt so hoch war, war die Frage, ob die vorherige Auskunft verbindlich war.

    Anders, als beispielsweise bei der Reparatur eines Autos, können bei der Behandlung von Tieren naturgemäß unvorhergesehene Komplikationen eintreten, auf die der Tierarzt reagieren muss und die er daher auch abrechnen kann. Einen verbindlichen „Kostenvoranschlag“ können Tierärzte und Tierkliniken daher nicht geben. Das sollte jedoch keinen Tierhalter davon abhalten, wenigstens einen ungefähren Kostenrahmen zu erfragen, um nachher anhand der Rechnung prüfen zu können, woraus sich die Mehrkosten ergeben und ob diese rechtmäßig sind.

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