Trauer bei Tieren

Fühlen Heimtiere Trauer? Ein Blick auf Emotionen und Abschied in der Tierwelt

© Angelina Brückner Fotografie / TASSO

Tiere können trauern. Das ist heute wissenschaftlich gut belegt und wird von aufmerksamen Halter:innen täglich beobachtet. Ob Hund, Katze, Kaninchen oder Meerschweinchen: Der Verlust eines engen Gefährten verändert ihr Verhalten spürbar. Manche Tiere ziehen sich zurück, verweigern das Futter oder suchen unruhig nach dem Verlorenen. Andere klammern sich stärker an ihre Menschen oder wirken ungewohnt still.

Auch wenn Tiere den Tod nicht wie wir abstrakt begreifen, nehmen sie ihn durch Geruch, Bewegungslosigkeit oder fehlende Routinen sehr deutlich wahr. Deshalb ist es so wichtig, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu verabschieden, sei es von einem tierischen Partner oder einem geliebten Menschen. Wer das verhindert, riskiert, dass das Tier lange sucht, leidet und sich nicht stabilisiert.

Viele Fragen stellen sich dabei: Wie zeigt sich Trauer bei Tieren? Wie kann man sie erkennen und ihnen helfen? Wie steht es um den Umgang mit kleinen Heimtieren, die soziale Bindungen oft noch stärker benötigen als Hund oder Katze? Und was bedeutet all das für eine verantwortungsvolle Tierhaltung?

Trauer bei Tieren wird oft übersehen, nicht etwa aus Gleichgültigkeit, sondern weil der eigene Schmerz über den erlebten Verlust überwiegt. Doch gerade in dieser Zeit brauchen unsere Tiere unseren Blick, unsere Fürsorge und manchmal auch schnelle Entscheidungen. Wer Tiere hält, trägt Verantwortung, auch und gerade in Momenten des Abschieds.

Wie Tiere trauern?

Gastbeitrag © Janina Rohde, Tierärztin mit Schwerpunkt Tierverhalten 

Trauer beschreibt im menschlichen Sinn eine tiefe Betroffenheit und den Schmerz nach einem Verlust. Auch wenn Tiere ihre Gefühle nicht in Worten ausdrücken können, zeigen zahlreiche verhaltensbiologische Studien, dass sie nach dem Tod eines Partners deutliche Veränderungen entwickeln. Diese trauerähnlichen Zustände äußern sich zum Beispiel in verändertem Essverhalten, Rückzug, Unruhe oder einer verstärkten Suche nach Nähe.

So zeigt sich Trauer bei Tieren: Hund, Katze, Kaninchen und Meerschweinchen

  • Bei Hunden ist gut dokumentiert, dass der Verlust eines engen Artgenossen – abhängig von der Intensität der Bindung – sichtbare Spuren hinterlässt. Manche verweigern das Futter, schlafen unruhig oder wirken ungewöhnlich still, andere sind aufgeregter oder ängstlicher als zuvor. Ein Labrador-Rüde aus unserer Praxis begann nach dem Tod seiner langjährigen Hundefreundin regelmäßig deren Schlafplatz aufzusuchen und fiepte leise, sobald er die vertraute Decke roch. Erst nach einigen Wochen und durch viel Ablenkung mit Spaziergängen und Suchspielen ließ dieses Verhalten nach und trat immer seltener auf.
  • Auch Katzen reagieren sensibel auf den Verlust. Eine aktuelle Studie zeigte, dass Veränderungen sowohl nach dem Tod einer anderen Katze als auch nach dem Verlust eines Hundes auftreten können. Besonders Tiere, die ausschließlich in der Wohnung leben, haben kaum andere soziale Bezugspunkte als ihre Menschen und das Partnertier. Da sie keine neuen Kontakte knüpfen können, ist der Wegfall eines Gefährten für sie besonders einschneidend. Eine 12-jährige Patientin begann nach dem plötzlichen Tod ihres Mitkaters lautstark nach ihm zu rufen und verweigerte ihr gewohntes Futter. Erst durch gezielte Zuwendung und Beschäftigung durch ihre Halterin stabilisierte sich ihr Verhalten allmählich wieder.
  • Bei Meerschweinchen oder  Kaninchen kann Trauer besonders schnell dramatische Folgen haben. Ein verwitwetes Kaninchen fraß bereits wenige Stunden nach dem Verlust nicht mehr, saß apathisch in der Käfigecke und musste intensiv betreut werden. Solche Tiere dürfen nicht lange allein bleiben, sondern brauchen rasch wieder soziale Kontakte, da Einsamkeit für sie schwer auszuhalten ist.
  • Trauer bei kleinen Heimtieren: Was tun, wenn ein Partnertier stirbt? / Gastbeitrag © Burg Nagezahn e.V.

    Auch kleine Heimtiere trauern, wenn ein Partnertier verstirbt. Kleine Heimtiere wie Kaninchen, Meerschweinchen, Degus, Farbmäuse, Chinchillas oder Ratten sind soziale Tiere. Für ihr Wohlbefinden sind sie auf Artgenossen angewiesen. In Einzelhaltung vereinsamen sie. Dabei bedeutet der Verlust für sie nicht nur den Wegfall eines Gefährten oder einer Gefährtin, sondern auch einen Wegfall von Sicherheit und Struktur. Für Halter:innen von kleinen Heimtieren folgt daraus die Notwendigkeit, rasch zu handeln, um das Wohlbefinden und die Gesundheit der zurückgebliebenen Tiere zu sichern.

    Beobachtung und Vorsorge

    Kleine Heimtiere sind Meister im Verstecken von Krankheiten und Schmerz. Stirbt ein Tier unerwartet in einer Gruppe, sollten die übrigen Tiere genau beobachtet und tierärztlich untersucht werden, da Parasiten oder ansteckende Krankheiten schnell die gesamte Gruppe gefährden können. Auffälligkeiten wie Appetitlosigkeit, verändertes Essverhalten oder veränderter Kotabsatz sollten ebenfalls direkt abgeklärt werden. Da kleine Heimtiere dauerhaft Nahrung aufnehmen müssen, ist im Notfall eine Zufütterung erforderlich.

    Abschied nehmen lassen

    Wenn ein Tier in der Tierarztpraxis eingeschläfert werden muss, kann es sinnvoll sein, das Partnertier oder die anderen Gruppenmitglieder mitzunehmen. So bleibt das kranke Tier bis zuletzt in vertrauter Gesellschaft, und die noch lebenden Tiere haben die Möglichkeit, sich zu verabschieden. Alternativ kann das verstorbene Tier mit nach Hause genommen werden, um dort einen Abschied zu ermöglichen. Das Abschiedsverhalten verläuft bei kleinen Heimtieren ganz unterschiedlich. Manche Tiere schnüffeln am leblosen Körper oder stupsen ihn sogar an. Andere meiden das leblose Tier und halten Abstand.

    Trauer bei Kaninchen und Meerschweinchen erkennen

    Trauer zeigt sich bei kleinen Heimtieren oft subtil. Als Flucht- und Beutetiere verbergen sie so gut es geht Schwäche, können in ihrer Trauer jedoch verändertes Verhalten oder Appetitlosigkeit zeigen. Manche ziehen sich zurück, sitzen nur noch auf einer Stelle und schlafen viel. Alte Lieblingsplätze werden vielleicht nicht mehr oft genutzt. Besonders bei der Haltung von nur zwei Tieren fehlt dem zurückbleibenden Tier oft die Sicherheit des Partnertiers, was zu Strukturverlust, Einsamkeit und Ängstlichkeit führen kann. Manche Tiere suchen nach dem Tod ihres Partnertiers verstärkt die Nähe zu ihren Halter:innen, was jedoch kein Zeichen von Wohlbefinden ist, sondern eher einem Hilferuf gleicht. In Gruppen kann es zu Rangordnungskämpfen kommen, die Zeit zur Neuordnung erfordern, jedoch auch den plötzlichen Ausschluss anderer Gruppenmitglieder zufolge haben können.

    Schnelle Hilfe bei Trauer: Ein neues Partnertier

    Sollte nur noch ein Tier übrigbleiben, muss dringend ein neues, passendes Partnertier gesucht werden - am besten innerhalb weniger Tage. Dabei sollten mögliche vorliegende Erkrankungen und eine anfallende Quarantänezeit selbstverständlich beachtet werden. Um das einzelne Tier in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen, können zudem Beschäftigung, Abwechslung und Lieblingsfutter helfen.

    Wenn kein neues Tier möglich ist

    Ist eine Neuvergesellschaftung nicht möglich, sollte im Sinne des Tierwohls ein neues Zuhause für das zurückgebliebene Tier gefunden werden, egal wie alt das Tier schon ist. Kein kleines Heimtier sollte allein leben, denn Einsamkeit nimmt die Lebensfreude, macht krankheitsanfälliger und widerspricht dem natürlichen Bedürfnis nach Gemeinschaft.

  • Auch Vögel zeigen eindrückliche Reaktionen. Papageienhalter berichten, dass zurückbleibende Tiere tagelang nach dem verstorbenen Partner rufen oder das Futter verweigern. Bei Schwänen wurde beobachtet, dass sie nach dem Tod des Partners lange am Körper verweilen und noch Tage später Suchbewegungen machen.

Trauer bei Tieren aus verhaltensbiologischer Sicht

Verhaltensbiologisch sind diese Reaktionen keine zufälligen Erscheinungen, sondern Ausdruck enger sozialer Bindungen. Tiere, die den Tod ihres Partners nicht wahrnehmen konnten, erwarten häufig dessen Rückkehr. Viele suchen lange nach dem verschwundenen Gefährten, was für Halterinnen und Halter besonders belastend sein kann. Wenn ein Tier eingeschläfert werden muss, ist es deshalb sinnvoll, den Partnertieren die Möglichkeit zu geben, Abschied zu nehmen - sei es in der Praxis oder zu Hause.

Heimtieren beim Trauern helfen

Für die Begleitung trauernder Tiere sind feste Tagesroutinen, Zuwendung und behutsame Ablenkung besonders hilfreich. Spaziergänge, Spielangebote oder neue Beschäftigungsformen können Hunden und Katzen helfen, langsam in den Alltag zurückzufinden. Bei Heimtieren ist es entscheidend, das Fressverhalten genau zu beobachten, da Appetitverlust schnell lebensbedrohlich werden kann. Hält eine Veränderung über längere Zeit an oder verschlechtert sich der Gesundheitszustand, sollte unbedingt tierärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

Trauer bei Tieren ist also weit mehr als eine Vermenschlichung. Sie ist wissenschaftlich belegt, äußert sich sehr unterschiedlich und verdient ernsthafte Beachtung. Indem wir unseren Tieren Halt geben, ihnen einen Abschied ermöglichen und sie im Alltag behutsam unterstützen, tragen wir dazu bei, dass sie mit dem Verlust besser zurechtkommen.


Quellen (Auswahl):

  • Uccheddu S. et al. (2022): Pet dogs’ behavioural responses to the loss of a companion dog. Sci Rep 12: 1741.
  • Oakland University Study (2024): Trauerverhalten bei Katzen.
  • OVC HSC (2021): Pets grieving the loss of another pet.
  • Wikipedia: Grief – Übersicht zu Trauerreaktionen bei Tieren

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