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Für das Training, als Belohnung zwischendurch, für die Beschäftigung und manchmal auch einfach wegen ihres süßen Blicks: Es gibt viele Gelegenheiten, unseren Tieren Leckerchen zukommen zu lassen. Der Tierfutterhandel boomt und die Regale im Tierbedarfshandel sind rappelvoll mit den verschiedensten Sorten und Arten von Futter und Leckerli. Die Gefahr unsere Tiere mit zu viel Futter zu verwöhnen, ist groß.
Zu groß, wie ein Blick auf die alarmierenden Zahlen des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte zeigt. Demnach ist fast jedes zweite Heimtier übergewichtig. Viele Tierhalter:innen erkennen diesen Zustand jedoch nicht oder unterschätzen das tatsächliche Gewicht ihres Tieres. „Übergewicht birgt eine ernstzunehmende Gefahr, da es die Entstehung von Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gelenkerkrankungen begünstigt. Zudem können eine eingeschränkte körperliche Belastbarkeit, weniger Bewegungsfreude sowie zahlreiche weitere Beschwerden, wie beispielsweise ein erhöhtes Narkoserisiko die Folge sein“, erklärt Dr. Laura Witting, Tierärztin und Referentin Tierschutz bei TASSO.
„Übergewichtige Tiere leiden nicht nur unter den körperlichen Folgen, sondern haben auch häufig eine geringere Lebenserwartung. Deshalb ist es wichtig, das Übergewicht ernst zu nehmen und nicht zu verharmlosen. Tierhalter:innen tun ihren Tieren keinen Gefallen, wenn sie die Anzeichen für Übergewicht ignorieren“, warnt die Tierärztin.
Warum sind viele Heimtiere übergewichtig?
Die Ursache für Übergewicht bei Hund und Katze ist aber nicht nur eine zu hohe Kalorienaufnahme im Verhältnis zum Verbrauch. Auch Alter, Rasse, Krankheit oder eine eventuelle Kastration haben Einfluss darauf, ob das Tier zu Übergewicht neigt. Beispielsweise können Stoffwechselerkrankungen wie die Schilddrüsenunterfunktion beim Hund ursächlich für zu viele Kilos auf der Waage sein.
Aber nicht alles, was nach Übergewicht aussieht, ist es auch. Zum Beispiel haben Kaninchen, egal ob normal- oder übergewichtig, eine sogenannte Wamme unterhalb des Kopfes. Daher ist es wichtig, ein Tier nicht einfach auf Diät zu setzen, sondern vorher Rücksprache mit Tierärzt:innen zu halten, um das Normalgewicht einschätzen zu können, Krankheiten auszuschließen und Fütterungsempfehlungen einzuholen.
Wieder fit und gesund: Wie kann ich meinem Tier helfen, abzunehmen?
Als Halter:innen tragen wir die Verantwortung darüber, was und wie viel gefüttert wird und wie viel Bewegung unser Tier bekommt. Mit einer auf das Tier angepassten Ernährung und ausreichend Bewegung können wir dafür sorgen, dass unsere Tiere gar nicht erst übergewichtig werden. Doch was können Halter:innen tun, wenn ihr Tier bereits etwas zu viel Gewicht auf der Waage zeigt?
Nach einer tierärztlichen Untersuchung und dem Ausschluss von Erkrankungen ist es wichtig, mögliche Fütterungsfehler zu erkennen. Darauf aufbauend sollte ein Diät- und Bewegungsplan erstellt werden. Dabei spielen die individuellen Bedürfnisse des Tieres – wie Alter, Rasse, Energiebedarf, Fitness und Gesundheitszustand eine zentrale Rolle. Unterstützung bieten Tierärzt:innen, die sich auf Ernährungsberatung spezialisiert haben. Sie können ein maßgeschneidertes Programm entwickeln, das optimal auf Ihr Tier abgestimmt ist. Ein Grundprinzip des Abnehmens ist, dass das Tier weniger Kalorien aufnimmt, als es verbraucht. Gleichzeitig sollte der Energieverbrauch durch mehr Bewegung gesteigert werden.
„Wichtig ist, den Prozess des Abnehmens schrittweise anzugehen, um das Tier nicht zu überfordern und keine neuen gesundheitlichen Probleme entstehen zu lassen. Hier ist eine gute Beratung wichtig, damit das Tier beim Abnehmen ausreichend Nährstoffe erhält und nicht zu schnell abnimmt. Denn eine zu schnelle und radikale Gewichtsreduktion kann gefährlich werden“, erklärt Dr. Witting.
Mehr Bewegung – aber wie?
Die Umsetzung von mehr Bewegung gelingt bei Hunden oft leichter als zum Beispiel bei Wohnungskatzen. Während Hunde durch längere Spaziergänge, Tricks und Spiele aktiviert werden können, lassen sich aber auch Katzen mit dem richtigen Spielangebot zu mehr Bewegung motivieren. Für kleine Heimtiere ist ausreichend Platz mit vielen Kletter- und Beschäftigungsmöglichkeiten wichtig, um die Möglichkeit zum Rennen und Springen zu geben. „Mit weniger Gewicht werden die Tiere oft aktiver und entdecken nach und nach wieder mehr Freude an der Bewegung “, erklärt Dr. Witting.
Fütterung – schrittweise anpassen
Die Anpassung der Fütterung ist für viele Halter:innen verständlicherweise eine Herausforderung. Auch Tiere brauchen Zeit, um sich an ein Diätfutter, kleinere Portionen oder neue Routinen zu gewöhnen. Hier ist Geduld und Standhaftigkeit gefragt. Als übergewichtig gelten Tiere, wenn sie je nach Größe 10–30 % über ihrem Idealgewicht liegen. Der erste Schritt ist daher, das Idealgewicht – also das Zielgewicht des Tieres zu berechnen, um die Futtermenge entsprechend anzupassen.
Wichtig: Besonders bei Katzen darf die Futtermenge nicht abrupt reduziert werden, da eine zu schnelle Gewichtsabnahme zu einer lebensgefährlichen Leberverfettung (hepatische Lipidose) führen kann. Stattdessen sollte die Futterreduktion langsam erfolgen, ergänzt durch ausreichend Bewegung.
Ein strukturierter Fütterungsplan mit festen Zeiten und Rationen kann ebenfalls helfen. Statt das Tier ad libitum (frei verfügbar) zu füttern, können klare Mahlzeiten eingeführt werden. In Mehrtierhaushalten ist es wichtig, die Tiere getrennt zu füttern oder Futterautomaten zu nutzen, damit nur das übergewichtige Tier eine reduzierte Futtermenge erhält. Die Gewichtsreduktion sollte nicht über 2 % des Körpergewichts pro Woche liegen, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere zu erhalten. Das bedeutet in vielen Fällen, dass die Diät über mehrere Monate durchgeführt werden muss. Ein schnellerer Gewichtsverlust erhöht das Risiko, dass neben Fett auch wertvolle Muskelmasse abgebaut wird. Zudem kann eine zu starke Futterreduktion das Sättigungsgefühl beeinträchtigen, was zu vermehrtem Betteln und Stress für das Tier führen kann.
Sollte das gewohnte Futter durch ein kalorienarmes Diätfutter ersetzt werden, muss das neue Futter schrittweise untergemischt werden, um Verdauungsprobleme zu vermeiden. Außerdem sollte das neue Futter eine ähnliche Konsistenz besitzen, damit es besser angenommen wird. Um die Fütterungszeit zu verlängern und zusätzlich noch Beschäftigung zu schaffen, eignen sich hervorragend Futterbälle, Schnüffelteppiche oder Suchspiele.
Ist mein Tier übergewichtig?
Bei Tieren lässt sich das Idealgewicht nicht einfach so errechnen, denn es gibt eine Vielzahl an Rassen und Tieren mit unterschiedlichem Körperbau. Dennoch gibt es Anhaltspunkte, an denen sich erkennen lässt, ob Ihr Tier übergewichtig ist. Eine Möglichkeit ist die Bestimmung des sogenannten Body Condition Score (BCS). Dabei handelt es sich um eine subjektive Beurteilung der Körperkonstitution, die bei Heimtieren oft auf einer Skala von 1/9 bis 9/9 angegeben wird. Ein BCS von 5/9 gilt als ideal. Die folgende Checkliste dient nur zur Orientierung und ersetzt keinen Tierarztbesuch:
TASSO-Kurzcheckliste für Übergewicht bei Hunden und Katzen:
- Die Rippen sind mit locker aufgelegten Händen schwer oder kaum zu fühlen.
- Die Taille ist von oben schwer oder gar nicht zu erkennen.
- Am Rücken und Rutenansatz sind Fettpolster sichtbar.
- Das Tier zeigt wenig Bewegungsfreude, putzt sich weniger und wirkt träge.
Fazit
Das Gewicht bei unseren Heimtieren zu reduzieren, ist nicht immer einfach – aber es lohnt sich. Wichtig ist, den Prozess schrittweise anzugehen und dabei die individuellen Bedürfnisse Ihres Tieres zu berücksichtigen. „Mit Geduld, einer angepassten Ernährung und mehr Bewegung kann die Lebensqualität der Tiere nachhaltig verbessert werden. Kleine Erfolge wie eine gesteigerte Aktivität, mehr Bewegungsfreude und weniger Gelenkschmerzen sind wertvolle Meilensteine auf dem Weg zu einem gesünderen und glücklicheren Leben“, sagt Tieräztin Dr. Witting.