Kaninchenernährung ohne Kompromisse

Was unsere Langohren wirklich brauchen

Kaninchen in mitten von frischem Gemüse und Kräuter. © Svenja Zoe Rakel © Svenja Zoe Rakel

(Experten-Beitrag von svenjazoerakel.art)

Kaninchenernährung – ein Thema, das im Zeitalter des Internets leicht zugänglich ist. Wer heute "Kaninchenernährung" googelt, findet eine Fülle von Informationen: Ratschläge, genaue Mengenangaben, Futterpreisvergleiche und eine Vielzahl von Tipps und Tricks. Doch neben all dem gibt es auch zahlreiche Mythen, die Verwirrung stiften können. Wer noch einen Schritt weitergeht und die Recherche auf den englischsprachigen Raum ausweitet, wird feststellen, dass es viele Fragen gibt – und noch mehr Antworten. Doch worauf kommt es wirklich an? Was sollten neue Kaninchenhalter unbedingt beachten und welche Produkte können bedenkenlos in den Regalen der Zoohandelsketten stehen bleiben?

Trockenfutter für Kaninchen – praktisch oder schädlich?

Ganz gleich, ob man in der Drogerie, im Zoofachhandel oder im Supermarkt nach "Kaninchenfutter" sucht – man wird zuerst auf bunte Plastiksäcke mit verschiedenen Futtermischungen stoßen. Manchmal sind sie pelletiert und gepresst, manchmal farbenfroh und in lustigen Formen gestaltet, manchmal angereichert mit Kräutern oder Getreide, aber immer trocken. Diese als "Alleinfuttermittel" bezeichneten Produkte sollen sicherstellen, dass unsere Langohren alle notwendigen Nährstoffe erhalten. Für die besonders kreativen Tierhalter gibt es noch Joghurtdrops, Knabberstangen und Gemüseflocken. Dazu reichen sie oft eine Tüte Heu – doch ist das wirklich ausreichend?

Alle diese Futtermittel haben gemeinsam, dass sie darauf ausgerichtet sind, Tierhaltern das Leben so einfach wie möglich zu machen. Sie sind preiswert, leicht zu lagern, erfordern keine Kühlung und werden von Kaninchen geliebt. Doch obwohl das auf den ersten Blick praktisch erscheinen mag, könnte die Kaninchenernährung nicht falscher sein. Kaninchen sind von Natur aus Frischköstler, und eine Ernährung mit Trockenfutter führt langfristig nicht nur zu Zahnproblemen, sondern belastet auch den Magen-Darm-Trakt sowie die Blase und Nieren der Tiere. Viele bekannte "Kaninchenkrankheiten" lassen sich auf jahrelange falsche Ernährung zurückführen.

Auf den Spuren der Wildkaninchen

Wenn man einem wilden Kaninchen in freier Wildbahn bei seinen täglichen Aktivitäten zusieht, wird schnell deutlich, dass die Empfehlungen auf den bunten Supermarktfuttermittelverpackungen nicht der Realität entsprechen. Wildkaninchen sind von Natur aus Blattspitzenköstler, das heißt, sie ernähren sich hauptsächlich von Blättern. Sie verbringen den Großteil ihres Tages damit, verschiedene Wiesenkräuter, Gräser und andere Pflanzen zu suchen und zu fressen. Da unsere Hauskaninchen zwar domestiziert wurden, aber hinsichtlich ihres Magen-Darm-Trakts und Gebisses ihren wilden Vorfahren noch sehr ähnlich sind, sind grasende Wildkaninchen auch heute das beste Beispiel für die richtige Kaninchenernährung.

Frisch, grün, blättrig und vor allem eins: unbegrenzt

Die artgerechte Ernährung unserer Hauskaninchen lässt sich am besten mit diesen Worten zusammenfassen. Um die Ernährung von Wildkaninchen zu simulieren, ist es vor allem wichtig, trockene Bestandteile aus ihrer Ernährung zu entfernen. Eine Ausnahme bildet gutes, kräuterarmes Heu, das den Kaninchen immer als Knabberspaß und zur Beschäftigung zur Verfügung stehen sollte. Aber noch wichtiger ist eine unbegrenzte Auswahl an frischem Blattgrün. Und hierbei betonen wir das Wort "unerschöpflich". Anders als einige andere Tierarten nehmen Kaninchen den ganzen Tag über immer wieder kleine Mahlzeiten zu sich, so wie Wildkaninchen, die hin und wieder eine besonders leckere Pflanze entdecken. In der Haustierhaltung lässt sich das auf zwei Arten umsetzen, die die meisten Halter je nach Jahreszeit auch kombinieren.

Frisches aus dem Supermarkt - Kräuter, Salate und mehr

Die einfachste Form einer artgerechten Ernährung besteht darin, frisches Blattgemüse aus dem Supermarkt zu füttern. Dazu gehören vor allem alle Arten von Kräutern, (Bitter)Salate und Blattgemüse wie Möhrengrün, sowie im Winter sämtliche Kohlsorten. Diese sollten langsam eingeführt und niemals zusammen mit Trockenfutter verfüttert werden. Je nach Saison finden sich im Supermarkt, auf Wochenmärkten oder auf Hofläden zahlreiche Gemüsesorten, die von Kaninchen gerne gefressen werden. Mittlerweile gibt es sogar einige Anbieter, die Futterkisten für Kaninchen zusammenstellen und frisches Grünfutter liefern. Blattgrün kann zwar mit Knollengemüse wie Möhren oder Pastinaken ergänzt werden, doch solche Gemüsesorten sollten eher als Leckerbissen denn als Hauptfutter betrachtet werden, da sie viel Zucker enthalten und von den Kaninchen gekaut anstatt zermahlen werden, was die Zähne unnötig beansprucht. Was dabei jedoch niemals unterschätzt werden sollte, ist die Menge an Grünzeug, die Kaninchen verzehren. Die Versorgung mit frischem Grünfutter kann je nach Größe und Gewicht der Tiere teuer werden, da zwei Zwergkaninchen an einem Tag problemlos ein bis zwei Kilogramm Grünfutter fressen können.

Mit Beutel und Bestimmungsbuch: Raus in die Natur!

Deshalb bevorzugen viele Kaninchenhalter von Frühjahr bis späten Herbst die kostengünstigere Variante – die Wiesenernährung. Diese entspricht am nächsten der natürlichen Ernährung von Wildkaninchen und ist die gesündeste und preiswerteste Wahl für unsere Haustiere. Auf Wiesen, in Gärten, in Parks und auf brachliegenden Flächen finden sich das ganze Jahr über zahlreiche schmackhafte Wildkräuter, die viele Vorteile für unsere Kaninchen bieten. Diese Methode erfordert zwar mehr Aufwand, ist jedoch in der Regel kostenfrei. Halter müssen nur die richtigen Stellen finden, um Pflanzen zu sammeln, und sich über essbare Pflanzen informieren. Hierbei helfen Kräuterbestimmungsbücher und Apps, aber auch die Wildkräuterliste auf Kaninchenwiese.de und die Facebook-Gruppe "Fressbare Pflanzen für Kleintiere", in welcher Botaniker die Pflanzen bestimmen können. Wer Bedenken hat, versehentlich giftige Pflanzen zu sammeln, kann zunächst mit Gräsern, Löwenzahn, Spitzwegerich und Klee beginnen, da diese Pflanzen fast überall zu finden sind und von nahezu allen Kaninchen geliebt werden.

Reicht das aus?

Häufig haben Kaninchenhalter Bedenken, dass "nur Grünzeug" nicht ausreicht, um ihre Tiere ausreichend zu versorgen. In den allermeisten Fällen sind diese Sorgen jedoch unbegründet. Gesunde Kaninchen können in der Regel das ganze Jahr über ausschließlich mit Frischfutter gefüttert werden, mit Ausnahme einiger sehr großer Rassen, die im Winter Schwierigkeiten haben, ihr Gewicht zu halten. Durch diese Ernährung nehmen sie alle notwendigen Nährstoffe auf, die sie benötigen, und decken sogar einen Großteil ihres Flüssigkeitsbedarfs über die Nahrung. Eine ausgewogene Ernährung hält die Kaninchen nicht nur fit und gesund, sondern es gibt kaum etwas Niedlicheres als zufriedene Kaninchen, die genüsslich Petersilie oder Löwenzahn fressen.


Über die Autorin: Svenja Zoe Rakel lebt mit ihren beiden Kaninchen in Halle an der Saale und hat Anfang 2021 damit begonnen, ihr Hobby, die artgerechte Kaninchenhaltung auf ihrem Instagram-Account @svenjazoerakel.art zu teilen. Mittlerweile folgen der 25-jährigen fast zwanzigtausend Menschen, die nicht nur an lustigen Geschichten ihrer freilebenden Wohnungskaninchen Fulmi und Flavius teilhaben, sondern sich vor allem auch die Aufklärungsvideos anschauen. Von der Käfighaltung übers Trockenfutter bis hin zu typischen Erkrankungen - Svenja hat es sich zum Ziel gemacht, die Kaninchenhaltung als das zu zeigen, was sie tatsächlich ist: anspruchsvoll und häufig unterschätzt, aber unfassbar spannend, wenn man sich darauf einlässt.

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