Wann ist der richtige Zeitpunkt, sein Tier gehen zu lassen?

Euthanasie beim Heimtier – Hilfe bei der Entscheidungsfindung

Pfote einer Katze die schläft. © Heike Engelhart

Unsere Heimtiere sind für viele von uns Familienmitglieder: geliebt, artgerecht umsorgt und fest in unseren Alltag eingebunden. Umso schwerer ist es für viele Tierhalterinnen und Tierhalter, mitanzusehen, wenn sie alt oder krank werden. Eine ganz besonders große Herausforderung ist es, wenn wir eines Tages entscheiden müssen, ob unser geliebtes Tier erlöst und eingeschläfert werden muss.

Nur selten sterben alte Tiere einfach friedlich im Schlaf. Häufig leiden sie vorher unter verschiedenen Erkrankungen oder Altersbeschwerden. Anders als in der Humanmedizin gibt es in der Tiermedizin jedoch die Möglichkeit, sie durch eine Euthanasie sanft und schmerzfrei zu erlösen und sie dabei bis zum letzten Moment zu begleiten.

Doch manchmal trifft es nicht nur alte Tiere – auch junge Tiere können durch Unfall oder Krankheit in eine Lage geraten, in der ein Leben ohne schweres Leid nicht mehr möglich ist. Gerade deshalb ist es wertvoll, sich frühzeitig und in einem geschützten Moment mit dem Thema ‚Euthanasie‘ auseinanderzusetzen.

Doch wann ist der richtige Zeitpunkt, um diese Entscheidung zu treffen? Oft ist das eine der schwierigsten Fragen, die Tierhalter:innen vor eine zutiefst emotionale Herausforderung stellt. Es gibt einige Aspekte, die bei dieser Entscheidung betrachtet werden können. Im folgenden Text haben wir daher einige Hinweise zusammengetragen, die Ihnen bei einer solchen Entscheidung helfen können.

Wer entscheidet, das ein Tier eingeschläfert werden sollte?

Die Entscheidung, ein Tier einschläfern zu lassen, ist eine der schwersten, die Halter:innen treffen müssen. Da Sie für Ihr Tier während seines gesamten Lebens Verantwortung tragen, liegt es letztlich auch in Ihrer Pflicht, die finale Entscheidung im besten Interesse des Tierwohls zu treffen. Doch Sie sind dabei nicht alleine. Tierärzt:innen können helfen, die Situation ehrlich und fachlich einzuschätzen, und unterstützen dabei, einen klaren Blick zu behalten, wenn die Gefühle übermächtig werden. Sie bringen ihre Fachkenntnis, Erfahrung und eine gewisse emotionale Distanz ein.

Nach dem Tierschutzgesetz darf einem Tier nicht „ohne vernünftigen Grund“ Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden und ebenso wenig darf es ohne einen solchen Grund getötet werden. Eine Euthanasie ist also nur erlaubt, wenn sie im Sinne des Tierwohls notwendig ist, zum Beispiel bei unheilbaren Krankheiten oder altersbedingten Beschwerden, die mit dauerhaftem Leid verbunden sind. Wirtschaftliche oder rein persönliche Gründe sind keine Rechtfertigung.

Bei der Entscheidung für oder gegen eine Euthanasie muss also abgewogen werden, ob ein Weiterleben noch Lebensqualität für das Tier bereithält oder ob es vor allem Leiden bedeutet. Am besten gelingt diese Entscheidung, wenn beide Seiten, also Tierhalter:innen und Tierärzt:innen offen miteinander sprechen, medizinische Fakten und persönliche Beobachtungen teilen und gemeinsam nach der Lösung suchen, die dem Tier den größten Respekt und die meiste Fürsorge entgegenbringt.

Welche Gründe gibt es für eine Euthanasie?

Eine Euthanasie wird in Betracht gezogen, wenn ein Tier unter anhaltenden, erheblichen und nicht therapierbaren Schmerzen leidet, die ein artgerechtes Leben unmöglich machen. Gründe können unheilbare Erkrankungen sein, wie zum Beispiel Tumorerkrankungen, aber auch akute Situationen, etwa schwere Unfälle mit gravierenden Verletzungen.

Bei der Entscheidung für eine Euthanasie spielen vor allem Lebensqualität, Krankheitsverlauf und Heilungsaussichten eine Rolle. Sorgfältig muss abgewogen werden, ob ein Weiterleben unter Schmerzen zumutbar ist oder ob der Tod die tiergerechtere Option darstellt. Tierärzt:innen unterscheiden zwischen einer spontanen Euthanasie (z. B. nach einem schweren Unfall) und einer geplanten Euthanasie (z. B. aufgrund einer fortgeschrittenen chronischen Erkrankung).

Medizinische Indikation – und was Sie als Halter:in beitragen können

Wenn ein Tier krank ist oder unter Altersbeschwerden leidet, ist es oft schwer einzuschätzen, wie es ihm wirklich geht. Für eine bestmögliche Einschätzung sollten Tierhalter:innen im offenen und engen Austausch mit den behandelnden Tierärzt:innen stehen. Diese können mit ihrem Wissen und durch gezielte Untersuchungen wertvolle Hinweise geben. Zum Beispiel können ein Herzultraschall oder das Messen der Atemfrequenz zeigen, wie weit eine Herzerkrankung fortgeschritten ist. Eine Gewebeprobe und ein Lungenröntgen kann Aufschluss über eine Tumorerkrankung geben. Solche Befunde helfen, die Situation besser einzuordnen und sie können eine Entscheidung leichter machen.

Doch medizinische Fakten allein erzählen nie die ganze Geschichte. Sie als Halter:in sehen Ihr Tier jeden Tag. Sie kennen es und merken, wenn es sich zurückzieht, wenn das Aufstehen schwerfällt oder wenn die Lust am Spielen nachlässt. Sie wissen, ob es noch Freude daran hat, zu laufen, zu schnüffeln, zu schmusen oder ob Schmerzen all das überschatten. Diese kleinen Alltagsbeobachtungen sind oft entscheidend, um gemeinsam mit der Tierärztin oder dem Tierarzt ein Bild zu bekommen, das nicht nur medizinisch, sondern auch aus Sicht Ihres Tieres vollständig ist.

Am Ende ist es diese Kombination aus medizinischer Einschätzung und Ihrer Nähe zum Tier, die hilft, eine Entscheidung zu treffen, die im besten Sinne des Tieres ist und die Sie im Herzen mittragen können.

Eine Dokumentation kann hilfreich sein

Wie oben beschrieben, sind Sie die Expert:innen für Ihr Tier. Doch gerade, weil wir so eng mit unseren Vierbeinern zusammenleben und sie jeden Tag sehen, kann es auch schwerfallen, kleine Veränderungen zu bemerken. Eine Dokumentation kann helfen, kleine, schleichende Veränderungen sichtbar zu machen – etwa Appetitverlust, verminderte Trinkmenge, fehlende Körperpflege, Rückzug oder Verlust von Freude an gewohnten Dingen. Verantwortungsvolle Tierhaltung bedeutet u. a., dass das Tier Anspruch auf Gesundheit, soziale Interaktion und positive Erfahrungen hat. Kann es diese nicht mehr erleben und würde eine Behandlung das Leiden nur verlängern, muss über eine Euthanasie nachgedacht werden.

Folgende Fragen können bei der Entscheidung helfen:

  • Zeigt mein Tier noch Lebensfreude?
  • Freut sich mein Tier, wenn die Bezugsperson nach Hause kommt?
  • Überwiegen bei meinem Tier noch die guten Tage?
  • Lässt sich mein Tier noch gerne anfassen/streicheln?
  • Frisst mein Tier noch gern und trinkt es noch genug?
  • Läuft mein Tier noch gerne oder vermeidet es Bewegung aus Schmerz?
  • Wird mein Tier trotz bestmöglicher Behandlung weiterhin Schmerzen haben?
  • Zeigt mein Tier noch tierisches Normalverhalten, wie z. B. laufen, schnüffeln, putzen, fressen, ruhen?
  • Nimmt mein Tier noch bewusst Kontakt zu mir und zu anderen auf?

Die letzten Momente

Wenn die Euthanasie plan- und terminbar ist, hilft es vielen Tierhalter:innen, wenn sie sich bewusst Zeit für den Abschied nehmen. Viele Menschen finden Trost darin, den letzten Tag mit ihrem Tier besonders zu gestalten. Manche geben vielleicht einen Leckerbissen, den es sonst so gut wie nie gab. Andere machen ihren Spaziergang auf vertrauten Wegen oder führen ein Abschiedsgespräch mit ihrem Tier, bei dem noch einmal alles gesagt werden darf. Wichtig ist nur, dass dieser Tag so stressfrei wie möglich bleibt.

Ein ruhiges Gespräch mit der Tierärztin oder dem Tierarzt einige Tage vor dem Termin kann außerdem helfen, offene Fragen zu klären und eigene Wünsche zu äußern. Im Idealfall findet die Euthanasie in einem geschützten Raum statt, ohne Zeitdruck und ohne äußere Störungen.

Hilfreich ist es auch, sich im Vorfeld über die verschiedenen Bestattungsmöglichkeiten zu informieren, um diese Entscheidung nicht erst in der akuten Trauer treffen zu müssen.

TASSO-Tipp

Achten Sie auf sich und holen Sie sich gegebenenfalls Hilfe. Ein stabiles soziales Umfeld und vertrauensvolle Beratung von Freunden oder Familie können in dieser schweren Zeit eine wichtige Stütze sein und solch schwere Entscheidungen erleichtern.

 

  • Wie eine Euthanasie abläuft

    Euthanasie bedeutet „guter Tod“ und soll Ihrem Tier einen friedlichen, schmerzfreien Abschied ermöglichen. Dazu wird ein Medikament (häufig ein Barbiturat mit dem Wirkstoff Pentobarbital) wenn möglich über einen Venenkatheter verabreicht, manchmal nach einer beruhigenden Vornarkose. Es versetzt das Tier zuerst in einen tiefen Narkoseschlaf und führt dann sanft zum Tod. Der genaue Ablauf kann variieren, da Charakter, Stressanfälligkeit und die jeweilige Situation berücksichtigt werden müssen. Sie können währenddessen an der Seite Ihres Tieres bleiben und sich danach nochmal in Ruhe verabschieden, wenn Sie das möchten. Informieren Sie sich am besten schon vorab über mögliche Bestattungs- oder Einäscherungsformen, um in diesem schweren Moment entlastet zu sein. 

Die Trauer danach

Am Ende bleibt die Entscheidung für eine Euthanasie eine der schwersten Aufgaben in der gemeinsamen Zeit mit einem Tier. Doch sie ist auch ein Akt tiefer Liebe, weil sie bedeutet, das Wohlbefinden und die Lebensqualität des Tieres über die eigenen Wünsche hinaus in den Mittelpunkt zu stellen. Medizinische Fakten, die Beobachtung im Alltag und das eigene Gefühl bilden dabei zusammen mit der tierärztlichen Einschätzung die Grundlage für einen Abschied, der im besten Sinne des Tieres geschieht.

Der Schmerz des Verlustes endet aber bekanntermaßen nicht mit dem Tod des Tieres. Viele Tierhalter:innen fühlen sich in den Tagen und Wochen danach emotional überwältigt, auch wenn ihr Umfeld die Trauer über diesen Verlust nicht immer nachvollziehen kann. Doch diese Gefühle sind absolut legitim, denn Trauer ist individuell und darf so lange dauern, wie es nötig ist. Gefühle wie Wut, Traurigkeit oder Schuld können immer wieder aufkommen. Oft ist es ein Trost zu wissen, in dieser schweren Zeit nicht allein sein zu müssen. Hilfreich sind Gesprächsangebote, Trauergruppen oder professionelle Trauerbegleitung, um den Verlust zu verarbeiten.

So schmerzhaft dieser letzte Weg auch ist – er gehört untrennbar zum Leben mit einem Tier dazu. Wer sich frühzeitig informiert, sich – falls notwendig – Hilfe holt, und dem eigenen Tier in den letzten Momenten Fürsorge und Geborgenheit schenkt, ermöglicht ihm einen würdevollen Abschied. Und auch wenn die Trauer bleibt, so bleibt ebenso die tiefe Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit, die Liebe und die unzähligen Erinnerungen, die niemals verloren gehen.


© TASSO e.V / Angelina Brückner Fotografie

Trauer bei Tieren

Veränderungen im Verhalten

Tiere können trauern. Das ist heute wissenschaftlich gut belegt und wird von aufmerksamen Halter:innen täglich beobachtet. Ob Hund, Katze, Kaninchen oder Meerschweinchen: Der Verlust eines engen Gefährten verändert ihr Verhalten spürbar.

© TASSO e.V

Euthanasie in Tiermedizin

Wenn das Tier eingeschläfert wird

Fragen und Antworten rund um die Euthanasie. Dr. Laura Witting, Tierärztin und Referentin Tierschutz bei TASSO, erklärt, was in der Praxis geschieht, wie das tiermedizinische Personal solche Momente erlebt und schildert auch aus praktizierender Sicht, wie eine Euthanasie ablaufen kann.

© TASSO e.V.

Themenrunde

Tierische Senioren

In dieser Themenrunde haben wir mit der durch Fernsehen und Social Media als Doc Polly bekannten Fachtierärztin für Kleintiere, Dr. med. vet. Tanja Pollmüller, über die Besonderheiten im Zusammenleben mit alten Hunden und Katzen gesprochen, darin geht sie auch spezifischer auf Arthrose bei Hunden ein. 

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TASSO-Videos

Alles zu den Aufgaben von TASSO in Bildern

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